Baustart ohne ausführungsgerechte Werkplanung im GU-Vertrag
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Baustart ohne ausführungsgerechte Werkplanung im GU-Vertrag
Der Baubeginn ohne eine ausführungsgerechte Werkplanung – d.h. ohne fertiggestellte Ausführungspläne – stellt im Baurecht ein erhebliches Risiko dar. In der Praxis kommt es gleichwohl vor, dass Bauherren (Auftraggeber, AG) aus Zeit- oder Kostendruck frühzeitig den Start der Bauausführung durch den Generalunternehmer (GU) veranlassen, obwohl die detaillierte Ausführungsplanung noch nicht vorliegt. Insbesondere bei komplexen Bauvorhaben kann dieses Vorgehen gravierende rechtliche Folgen haben. Typische Probleme sind Baufehler aufgrund mangelnder Abstimmung der Gewerke, längere Bauzeiten und kostspielige Nacharbeiten. Auch spektakuläre Bauprojekte – man denke etwa an die Hamburger Elbphilharmonie – haben gezeigt, dass ein Baustart bei unvollständiger Planung zu massiven Mehrkosten, Verzögerungen und Rechtsstreitigkeiten führen kann.
Ohne Planung drohen Baumängel
Wesentliche Ausführungsdetails bleiben ungeklärt, was fast zwangsläufig zu Fehlern und Qualitätsmängeln führt. Die Rechtsprechung verteilt die Haftung hierfür streng nach der jeweiligen Verantwortungsübernahme: Nimmt der GU die Arbeiten ohne gelieferte Pläne auf, haftet er im Regelfall allein für auftretende Mängel – er gilt dann als planungsverantwortlich. Planungsfehler des AG (bzw. dessen Architekten) können zwar zu einer Haftungsteilung führen, doch dieser Fall setzt voraus, dass der AG überhaupt geplant hat. Verzichtet der Bauherr auf Ausführungsplanung, kann er im Mängelfall keinen Dritten zur Verantwortung ziehen und bleibt faktisch auf dem Schaden sitzen. Kurz: Entweder haftet der GU voll, oder der AG hat niemanden außer sich selbst – beide Varianten sind unerfreulich. Nachträge und Mehrkosten sind vorprogrammiert: Eine unvollständige Planung führt während der Bauausführung zu ständigen Änderungen und Ergänzungen. Das verursacht Nachtragsforderungen des GU, die das ursprünglich vereinbarte Budget sprengen können. Zwar stehen dem GU bei planbedingten Leistungsänderungen grundsätzlich Vergütungsansprüche zu (nach BGB und VOB/B), doch muss er diese hart durchfechten – und wenn die Planlücken ursprünglich in seinen Verantwortungsbereich fielen, gehen Nachträge ins Leere. Für den AG bedeutet dies Planungsversäumnis fast immer Mehrkosten: entweder berechtigte Nachträge oder versteckte Kosten durch Verzögerungen und Ineffizienz. Prominente Fälle wie die Elbphilharmonie zeigen, dass ein Bau ohne fertig ausgeplante Grundlage zu massiven Kostensteigerungen führen kann. Bauzeitverzögerungen sind nahezu unvermeidlich: Ohne klare Planung gerät der Bauablauf ins Stocken. Verzögerungen summieren sich, Termine können nicht gehalten werden. Der GU kann zwar bauzeitliche Ansprüche (Fristverlängerung, Kostenersatz) anmelden, muss diese aber sauber dokumentieren – sonst drohen ihm Vertragsstrafen und Schadensersatzforderungen wegen Verzug. Der AG seinerseits läuft Gefahr, den projektierten Fertigstellungstermin weit zu überschreiten, was zu Nutzungseinbußen, Imageverlust und ggf. finanziellen Schäden führt. Zudem verliert er womöglich den Anspruch auf Vertragsstrafe gegen den GU, wenn die Verzögerung in seiner (AG-)Sphäre begründet war. Somit besteht ein erhebliches Terminrisiko für beide Seiten, das sich nicht gänzlich auf die Gegenseite abwälzen lässt. Die Abwicklung wird konfliktträchtig: Abnahmeverzögerungen, verweigerte Zahlungen, wechselseitige Schuldzuweisungen – all das kennzeichnet Projekte, in denen die Planung unzureichend war. Dokumentationsmängel verstärken das Problem: Oft lässt sich im Nachhinein schwer aufdröseln, wer welche Pflicht verletzt hat, wenn nichts schriftlich fixiert wurde. Es entstehen langwierige Beweisschlachten. Das belastet die Vertragsbeziehung enorm und kann im Worst Case zur vorzeitigen Vertragskündigung oder zum Rechtsstreit vor Gericht führen. Rechtssicherheit besteht kaum, wenn die Planung ungeklärt ist. Jede Partei trägt ein prozessuales Risiko, ob und in welchem Umfang sie am Ende haftet oder zahlt. Solche Unwägbarkeiten lassen sich nur vermeiden, indem von Anfang an klare Vereinbarungen getroffen werden und diese (eine ausreichende Planung vor Baubeginn eingeschlossen) auch eingehalten werden.
Aus alledem folgt als zentrale Lehre: Eine ausführungsgerechte Werkplanung ist kein optionaler Luxus, sondern eine Grundvoraussetzung für einen reibungslosen, fairen Bauvertragsablauf. Aus rechtswissenschaftlicher Sicht lässt sich festhalten, dass die Ausführungsplanung im Bauvertragsrecht eine essenzielle Mitwirkungsleistung ist, deren Fehlen die dogmatische Struktur von Pflichten und Haftung ins Wanken bringt. Die aktuellen Entwicklungen im Gesetz (Bauvertragsrecht 2018) und in der Rechtsprechung zeigen ein Bemühen, diese Planungsverantwortung klar zu verorten: Der Gesetzgeber stärkt den Besteller durch Informationspflichten und Unterlagenerstellungspflichten, die Gerichte stärken aber auch die Unternehmerpflicht zur eigenverantwortlichen Planung, sofern nichts geliefert wird. Für die Vertragsgestaltung bedeutet dies, dass Klarheit und Eindeutigkeit über den Leistungsumfang (inklusive Planung) oberstes Gebot sind.
Empfehlungen für die Praxis lassen sich wie folgt formulieren:
Der AG sollte frühzeitig für eine vollständige Ausführungsplanung sorgen, idealerweise durch professionelle Planer, bevor der GU startet. Insbesondere öffentliche Auftraggeber in Hamburg und anderswo sind gut beraten, Lehren aus Großprojekten zu ziehen und nicht am falschen Ende (Planungskosten) zu sparen.
Der GU sollte keinesfalls vorschnell mit der Bauausführung beginnen, wenn ihm entscheidende Pläne fehlen. Er sollte schriftlich nachhaken, notfalls den Baubeginn verschieben oder Vertragsklauseln vereinbaren, die ihn bei Planlücken schützen. Tut er es doch, trägt er im Zweifel das Risiko für alle daraus entstehenden Probleme.
Beide Seiten sollten gründlich dokumentieren: Wichtiges gehört in Schriftform – von der Bedenkenanzeige bis zum Nachtragsschreiben. So lässt sich im Streitfall zumindest die Faktenlage nachvollziehen.
Kommt es dennoch zum Baustart mit unvollständiger Planung (aus welchen Zwängen auch immer, z.B. Termindruck), sollten AG und GU eine Vereinbarung über das weitere Vorgehen treffen: etwa Meilensteine, bis wann welche Pläne nachgereicht werden, und wie Änderungen vergütet werden. Transparenz und Kommunikation können das Schlimmste verhindern.
Es lässt sich sagen, dass aus juristischer Sicht der altbewährte Grundsatz bestätigt wird: „Erst planen, dann bauen“. Die vermeintliche Zeit- oder Kostenersparnis, die ein Baubeginn ohne abschließende Werkplanung bringen soll, entpuppt sich nahezu immer als Bumerang – rechtliche Unsicherheit, Haftungsgefahren und Mehrkosten sind die Folge. Generalunternehmer und Auftraggeber tun gut daran, diesen Fall möglichst zu vermeiden. Ist er dennoch eingetreten, gilt es die aufgezeigten rechtlichen Parameter zu kennen, um Schadensbegrenzung zu betreiben.
Die klare Empfehlung aus juristischer Warte lautet daher: Eine gründliche, ausführungsgerechte Werkplanung sollte integraler Bestandteil eines jeden GU-Vertrags sein. Dies dient nicht nur der technischen Qualität, sondern ist der einzige Weg, die hier analysierten Risiken und Konflikte signifikant zu reduzieren. Damit wird sowohl dem GU als auch dem AG gedient – und letztlich dem Gelingen des Bauvorhabens insgesamt.
Begriff und vertragstypische Einordnung
Der Generalunternehmervertrag ist ein Werkvertrag, in dem sich der Unternehmer verpflichtet, ein Bauwerk schlüsselfertig für den Besteller (Bauherrn) zu errichten. Im Gegensatz zur Einzelvergabe sämtlicher Bauleistungen an verschiedene Fachunternehmer, hat der AG beim GU-Vertrag nur einen Vertragspartner – den Generalunternehmer –, der die Koordination aller Gewerke sowie die Gesamtverantwortung für die Herstellung des Werks übernimmt. Rechtlich handelt es sich um einen Werkvertrag im Sinne von § 631 BGB, mit den typischen Pflichten: Herstellung des versprochenen Werkes durch den Unternehmer und Zahlung der Vergütung durch den Besteller. Der GU bedient sich in der Regel Nachunternehmern (Subunternehmern) für einzelne Gewerke, bleibt dem AG gegenüber jedoch alleiniger Verantwortlicher für den gesamten Leistungserfolg (sog. alleiniger Ansprechpartner des Bauherrn).
Es sind verschiedene Vertragsgestaltungen zu unterscheiden: Ein Generalunternehmer (GU) im engeren Sinne führt nur Bauleistungen aus, während die Planung (Entwurfs- und Ausführungsplanung) vom AG bzw. dessen Architekten bereitgestellt wird. Demgegenüber übernimmt ein Generalübernehmer (GÜ) oder Totalunternehmer neben der Ausführung auch Planungsleistungen. In der Praxis werden die Begriffe nicht immer trennscharf verwendet; wichtig ist, welche Leistungen vertraglich geschuldet sind. Im Folgenden wird unter GU-Vertrag der typische Fall verstanden, in dem der GU die gesamte Ausführung schuldet – inwieweit auch Planungsaufgaben dazugehören, hängt von der konkreten Vereinbarung ab.
Rechtsgrundlagen: BGB §§ 631 ff. und VOB/B
Die gesetzlichen Grundlagen finden sich in den §§ 631 ff. BGB (Werkvertragsrecht). Diese Normen regeln die Grundpflichten (Herstellung des Werks und Vergütung), die Mängelhaftung (§§ 633 ff. BGB) sowie besondere Situationen wie Mitwirkung des Bestellers (§ 642 BGB), Verantwortlichkeit des Bestellers für von ihm gelieferte Stoffe oder Anweisungen (§ 645 BGB) u.a. Für Bauverträge – insbesondere seit der Bauvertragsrechtsreform 2018 – gelten einige Sonderregelungen (§§ 650a ff. BGB). So definiert § 650a BGB den Bauvertrag als Unterfall des Werkvertrags und § 650b BGB führt ein Anordnungsrecht des Bestellers zu Leistungsänderungen gegen Vergütungsanpassung ein (wichtig für Nachtragsverfahren). Zudem gibt es spezielle Vorschriften für Verbraucher-Bauverträge (z.B. Informationspflichten, § 650j BGB, und Herausgabe von Unterlagen, § 650n BGB).
In der Baupraxis wird häufig die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil B (VOB/B) als Allgemeine Geschäftsbedingung in den Vertrag einbezogen. Die VOB/B konkretisiert und modifiziert das Werkvertragsrecht für Bauverträge. So enthält § 3 VOB/B Regelungen zur Bereitstellung von Ausführungsunterlagen: § 3 Abs. 1 VOB/B verpflichtet den AG, dem AN (Auftragnehmer) die für die Ausführung notwendigen Unterlagen rechtzeitig und unentgeltlich zu übergeben – hieraus ergibt sich regelmäßig die Pflicht des vom Bauherrn beauftragten Architekten, eine vollständige Ausführungsplanung zu erstellen. § 3 Abs. 5 VOB/B legt fest, dass der AN seinerseits Pläne, Zeichnungen, Berechnungen und andere Unterlagen, zu deren Beschaffung er laut Vertrag oder technischer Normen verpflichtet ist, dem AG rechtzeitig vorzulegen hat. Diese Bestimmungen zeigen die in der VOB/B angelegte Arbeitsteilung: Der Bauherr liefert Ausführungspläne, der Unternehmer darauf aufbauend Werkstatt- und Montagepläne. Ferner normiert § 4 VOB/B Pflichten zur Ausführung; insbesondere § 4 Abs. 3 VOB/B statuiert die Prüf- und Bedenkenhinweispflicht des Unternehmers (dazu unten IV.2). Auch bei der Mängelhaftung und Abnahme weicht die VOB/B in Details vom BGB ab (z.B. § 13 VOB/B mit kürzeren Verjährungsfristen und besonderer Abnahmefiktion). Wird die VOB/B wirksam vereinbart, gilt sie vorrangig, soweit sie nicht gegen zwingendes Recht verstößt. Andernfalls – oder ergänzend – gelten die §§ 631 ff. BGB direkt.
Im Generalunternehmervertrag treffen den GU und den AG teils besondere Pflichten, die über das Grundgerüst des Werkvertrags hinausgehen:
Pflichten des GU: Der Generalunternehmer schuldet die vollständige Ausführung des Bauwerks nach den vereinbarten Vorgaben. Er muss alle notwendigen Bauleistungen erbringen, typischerweise „schlüsselfertig“, also einschließlich aller Gewerke. Daraus folgt die Koordinationspflicht: Der GU hat die Arbeiten der verschiedenen Nachunternehmer so zu koordinieren, dass ein reibungsloser Ablauf gewährleistet ist. Er trägt das Terminrisiko (Einhaltung der vertraglichen Fristen) und oft auch das Kostenrisiko bei Pauschalverträgen oder GMP-Verträgen. Besonderes Augenmerk liegt auf der Frage, ob der GU Planungsleistungen schuldet. Ist nichts Abweichendes vereinbart, gilt das gesetzliche Leitbild des Werkvertrags: der Unternehmer hat das Werk eigenverantwortlich so zu planen und auszuführen, dass der versprochene Erfolg erreicht wird. Allerdings werden in Bauverträgen Planungsaufgaben häufig vom AG übernommen (durch Beistellung eines Architekten). Übernimmt der GU (ausdrücklich oder konkludent) auch Planungsaufgaben, so erweitern sich seine Pflichten entsprechend – und damit auch seine Haftung für Planungsfehler (dazu V.1). Ferner trifft den GU eine Prüf- und Hinweispflicht: Er muss die vom AG beigestellten Unterlagen (Pläne, Bodengutachten etc.) auf erkennbare Fehler prüfen und Bedenken anmelden, falls diese Unterlagen offensichtlich unzureichend oder fehlerhaft sind (vgl. § 4 Abs. 3 VOB/B). Unterlässt er dies, kann dies Haftungsfolgen nach sich ziehen. Schließlich muss der GU die Abnahme herbeiführen, d.h. das Werk mangelfrei fertigstellen und dem AG zur Abnahme anbieten.
Pflichten des AG: Der Auftraggeber (Bauherr) hat als Hauptpflicht die Zahlung der Vergütung (§ 631 Abs. 1 BGB). Darüber hinaus treffen ihn Mitwirkungspflichten: Er muss insbesondere rechtzeitig alle vom ihm zu erbringenden Vorleistungen liefern. Dazu gehört die Bereitstellung der Planungsgrundlagen – je nach Vertragsgestaltung der Entwurfs- und Ausführungsplanung durch einen Architekten – sowie ggf. Genehmigungen, Grundstücke, Zugang zur Baustelle und ähnliches. Im GU-Vertrag obliegt es dem AG typischerweise, dem GU eine ausführungsreife Planung zur Verfügung zu stellen, sofern nicht der GU diese Leistung übernommen hat. Kommt der AG dieser Pflicht nicht nach, gerät er in Annahmeverzug bzw. verletzt seine Mitwirkungsobliegenheiten (§ 642 BGB), was Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche des GU auslösen kann. Weitere Pflichten des AG sind z.B. die Benennung eines Ansprechpartners, die Mitwirkung bei der Bauüberwachung (oft durch einen Architekten als Vertreter des Bauherrn) und die Entscheidung über ggf. erforderliche Änderungen oder Nachtragsangebote in angemessener Frist. Der AG hat also für eine klare Leistungsbeschreibung zu sorgen – sei es durch detaillierte Ausführungspläne und Leistungsverzeichnisse oder durch Vorgabe eines funktionalen Leistungsziels.
Zusammenfassend ist der GU-Vertrag geprägt vom Gedanken der Bündelung von Verantwortlichkeiten beim GU: Hoher Koordinationsaufwand und Risiken (Termin, Qualität, Kosten) liegen beim Generalunternehmer, während der AG sich durch die Einschaltung des GU entlastet und nur noch Schnittstellen hinsichtlich Planung und Finanzierung verantwortet. Gerade an der Schnittstelle Planung/Ausführung entscheidet sich jedoch, ob Risiken klar verteilt sind oder ob Lücken im Vertrag zu Streit führen – insbesondere wenn ohne ausreichende Planung gebaut wird.
Werkplanung im Bauvertrag: Dogmatische Einordnung - Begriffsbestimmung: Ausführungsplanung vs. Montageplanung
Im Bauwesen ist zwischen verschiedenen Planungsebenen zu unterscheiden. Die Werkplanung im engeren Sinne wird häufig mit Ausführungsplanung gleichgesetzt. Unter Ausführungsplanung (Leistungsphase 5 nach HOAI) versteht man die Durcharbeitung der Ergebnisse der Entwurfs- und Genehmigungsplanung bis ins Detail, so dass das Bauvorhaben ausführungsreif ist. In dieser Phase werden Zeichnungen, Pläne und Details erstellt, die jedes Bauteil und jede Bauleistung maßgenau festlegen (Grundrisse, Schnitte, Detailzeichnungen, Angaben zu Material und Konstruktion). Die Ausführungsplanung ist gewissermaßen das vollständige „Bauprogramm“, nach dem die Bauleistungen erbracht werden können. Daran schließt sich meist die Erstellung des Leistungsverzeichnisses an, welches die Ausschreibung der Bauleistungen ermöglicht.
Davon abzugrenzen ist die Montageplanung der ausführenden Unternehmen. Montage- oder Werkstattpläne sind detaillierte Pläne, die einzelne Gewerke für die konkrete Umsetzung erstellen – z.B. Bewehrungspläne im Stahlbetonbau, Schalungspläne, Installationspläne der Haustechnik, Fertigungszeichnungen für Bauelemente etc.. Diese Pläne dienen der Organisation und Reihenfolge der Arbeiten („Bauablaufanleitungen“) und müssen mit der übergeordneten Ausführungsplanung übereinstimmen. Vereinfacht gesagt: Die Ausführungsplanung koordiniert und integriert alle Gewerke, während die Montageplanung die gewerksbezogene Feinausarbeitung ist.
Beispiel
Der Architekt plant in der Ausführungsplanung die genaue Lage und Größe aller Fenster sowie deren Anschlussdetails. Der Fensterbauer erstellt daraufhin Werkstattzeichnungen für die Fertigung der Fensterrahmen; der GU koordiniert, dass der Rohbauer die Aussparungen entsprechend herstellt und der Fenstereinbau zum richtigen Zeitpunkt erfolgt. Ohne eine abgestimmte Ausführungsplanung besteht die Gefahr, dass jedes Gewerk „ins Blaue“ plant – etwa das Fenster an eine Stelle setzt, an der die Ausfachung oder Anschlüsse unzureichend vorbereitet sind.
Ausführungsgerechte Werkplanung bedeutet also, dass vor Baubeginn ein Planungsstand erreicht ist, der eine mangelfreie und koordinierte Bauausführung erlaubt. Fehlt eine solche Grundlage, müssen Planungslücken während der Bauausführung improvisiert geschlossen werden, was erfahrungsgemäß fehleranfällig ist und zu Konflikten führt (siehe Teil V).
Zuordnung der Werkplanung als Leistungsbestandteil
Dogmatisch stellt sich die Frage, wem die Ausführungsplanung vertraglich obliegt: dem AG (typischerweise vertreten durch einen Architekten) oder dem GU. Diese Frage entscheidet darüber, wer für Planungsfehler oder Planlücken haftet und wer das Risiko trägt, wenn ohne ausreichende Planung gebaut wird.
Das gesetzliche Leitbild des Werkvertragsrechts nach BGB geht davon aus, dass der Unternehmer grundsätzlich die Planung schuldet, soweit dies erforderlich ist, um das versprochene Werk herzustellen. Der Bundesgerichtshof hat in diesem Zusammenhang klargestellt, dass der Unternehmer im Zweifel den Werkerfolg auf eigene Verantwortung herbeiführen muss – einschließlich der Auswahl der Mittel und Methoden. Im Allgemeinen Werkvertragsrecht (z.B. der Mechaniker, der ein Werkstück herstellt) wird erwartet, dass der Unternehmer selbst „plant“, wie er das geschuldete Ergebnis erreicht. Übertragen auf den Bauvertrag bedeutet dies: Gibt es keine abweichende Vereinbarung, hat der Bauunternehmer die Ausführungsplanung als Teil seiner geschuldeten Leistung zu erbringen.
In der Baupraxis ist jedoch typischerweise das Gegenteil vereinbart: Der Bauherr stellt dem Bauunternehmer die planerischen Unterlagen (Entwurfs- und Ausführungspläne) bereit, nach denen gebaut werden soll. Insbesondere bei größeren Bauvorhaben wird ein Architekt mit der Objektplanung beauftragt. Die VOB/B spiegelt dieses Modell wider (AG liefert Ausführungsunterlagen, AN erstellt nur Werkstattpläne etc.). Auch ohne VOB/B wird meist im Vertrag oder in der Leistungsbeschreibung festgelegt, dass nach den Plänen des AG gebaut wird. Dogmatisch handelt es sich dann um einen Werkvertrag mit vom Besteller beizustellenden Planungsvorgaben. Die Ausführungsplanung ist in diesem Fall nicht Teil der vom GU geschuldeten Werkleistung, sondern gehört zu den Mitwirkungspflichten des AG (siehe IV.3).
Die Werkplanung kann jedoch auch ganz oder teilweise dem GU übertragen werden. Dies geschieht explizit bei GU-Verträgen, in denen Planungsleistungen aufgeführt sind (etwa „Erstellung der Ausführungspläne“ als Vertragsposition), oder implizit bei funktionaler Leistungsbeschreibung. Bei einer funktionalen Ausschreibung beschreibt der AG lediglich das gewünschte Ergebnis (z.B. Gebäude mit bestimmten Eigenschaften), ohne detaillierte Ausführungspläne vorzulegen. Der GU muss dann im Rahmen seiner Leistung die Planung selbst erstellen, um das Funktionalziel zu erreichen. In diesem Fall wird der GU quasi zum Generalplaner, zumindest was die Ausführungs- und Detailplanung betrifft.
Eine Zwischenform sind Fälle, in denen der AG dem GU eine Entwurfsplanung (Genehmigungsplanung) liefert, und der GU darauf aufbauend die Ausführungsplanung vervollständigen soll. Hier liegt eine geteilte Planung vor: Der AG liefert eine Vorplanung, der GU schuldet die ausarbeitungsgerechte Detailplanung. Solche Abreden bedürfen klarer Regelungen, da ansonsten Unklarheit entsteht, wo die Grenze der jeweiligen Verantwortung verläuft.
In der Literatur und Rechtsprechung ist anerkannt, dass Planungsleistungen im Bauvertrag vertraglich verteilt werden können. Die herrschende Meinung verlangt jedoch, dass dies eindeutig geschieht – denn die Ausführungsplanung ist „unverzichtbar“ für eine mangelfreie Bauleistung. Bleibt unklar, wer was planen sollte, drohen Lücken, für die am Ende beide Seiten mitverantwortlich sein können (Mitverschuldensabwägung, dazu unten V.1 und VI.2). Nach allgemeiner Ansicht muss sich der Bauherr Fehler seines beauftragten Planers als eigenes Verschulden zurechnen lassen. Umgekehrt kann der Unternehmer, der Planungsaufgaben übernommen hat, für Planungsmängel haftbar gemacht werden. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, vertraglich festzulegen, wer die Ausführungsplanung erstellt, wer sie freigibt und wer für ihre Fehler einsteht. Ohne klare Vereinbarung greift die dispositive Regel: Planung ist Sache des Unternehmers (BGB-Leitbild).
In der Baupraxis ist bei größeren Projekten üblich, dass der AG einen eigenen Planer (Architekten und Fachplaner) bis einschließlich Ausführungsplanung beauftragt. Der GU baut dann „nach Plan“. Diese klassische Rollenverteilung hat sich bewährt, weil Architekten berufsbedingt über entsprechende Ausbildung und Versicherungsschutz für Planungsfehler verfügen, während reine Bauunternehmen hier Nachteilen unterliegen (siehe VI.2, Versicherungsthematik). Wird davon abgewichen und der GU baut ohne vom AG gestellte Ausführungspläne, verschiebt sich die Risiko- und Haftungslage dramatisch – wie im Folgenden zu zeigen ist.
Vertragliche Ausgestaltung: GU-Planungspflicht vs. AG-Mitwirkungspflicht
AG liefert Ausführungsplanung (GU ohne Planungspflicht): Hier ist die Erstellung einer ausführungsgerechten Werkplanung eine Mitwirkungspflicht des AG. Der AG bzw. dessen Architekt schuldet die Übergabe vollständiger und fehlerfreier Ausführungspläne vor Baubeginn. Der GU hat diese Pläne zu prüfen (auf erkennbare Mängel) und dann die Bauleistung danach auszuführen. Dogmatisch handelt es sich insoweit um einen Werkvertrag mit beigestellten Planungsvorgaben. Etwaige Planungsmängel des Architekten muss der AG sich selbst zurechnen lassen (Architekt als Erfüllungsgehilfe des AG). Die Pflicht des GU beschränkt sich auf die Erstellung der Montagepläne und die Bauausführung. In diesem Modell ist die Ausführungsplanung kein eigener Teil des Werklohns des GU, sondern vom AG separat (an den Planer) vergütet.
GU schuldet Ausführungsplanung (Design-Build-Modell): Hier übernimmt der GU (neben der Ausführung) vertraglich auch die Planung bis zur Ausführungsreife. Der GU-Vertrag enthält dann Planungsleistungen – sei es explizit oder aufgrund funktionaler Leistungsbeschreibung. Die Ausführungsplanung wird Teil des geschuldeten Werkerfolgs. Konsequenz: Der GU trägt die volle Verantwortung für Planungsmängel wie für Ausführungsfehler. Zusätzliche Vergütung für Planungsleistungen kann er nicht verlangen, da diese bereits im Werklohn enthalten sind. Gesetzlich hat dies Bestätigung in § 650c Abs. 1 Satz 2 BGB gefunden: Ist die Planung Teil der Leistungspflicht des Unternehmers, begründet eine Planungsänderung, die zur Erreichung des Werkerfolgs nötig ist, keinen zusätzlichen Vergütungsanspruch. Mit anderen Worten: Lässt der GU in seiner Planung etwas aus, muss er es trotzdem ohne Aufpreis ausführen.
In der Praxis gibt es viele Mischmodelle. So kann der GU z.B. verpflichtet sein, Ausführungszeichnungen der Werkstattplanung des Stahlbauers zu koordinieren, obwohl die Grundstatik vom AG gestellt wurde. Oder der GU erhält Planungsunterlagen, die er selbst zur Ausführungsreife weiterentwickeln muss (ggf. unter Beschäftigung eigener Planer oder Nachunternehmer mit Planungs-Knowhow). Wichtig ist stets die Abgrenzung der Verantwortungsbereiche: Wer trägt das Risiko, wenn sich herausstellt, dass die Planung unvollständig oder fehlerhaft war?
Fehlt eine klare Abgrenzung, hilft teils die Auslegung des Vertrags. Indizien: Beinhaltet der GU-Preis auffallend geringe Planungskosten, spricht das dafür, dass der AG selbst die Planung schuldet. Wurden hingegen keine Ausführungspläne übergeben und hat der GU eigene Planer eingesetzt, wird man annehmen müssen, dass er die Planung (konkludent) übernommen hat. Im Zweifel neigen Gerichte dazu, die Planungsverantwortung dem fachkundigen Unternehmer zuzuweisen, wenn dieser die Leistung übernimmt, ohne auf fehlende Planung zu bestehen. So hat es etwa das OLG Frankfurt entschieden: Nimmt der Auftragnehmer die Arbeiten an, ohne dass eine Ausführungsplanung geliefert wurde, übernimmt er damit stillschweigend die Planungsverantwortung. Diese Auslegung entspricht dem gesetzlichen Grundmodell, „mag dies auch bei Bauverträgen typischerweise andersherum sein“.
Demnach ist beim Baustart ohne ausführungsgerechte Planung häufig streitig, ob der GU verpflichtet war, zunächst auf eine ordnungsgemäße Planung zu drängen (Bedenkenhinweis), oder ob der AG die Planung hätte liefern müssen. Diese wechselseitige Verantwortung wird im nächsten Abschnitt beleuchtet, bevor dann die daraus folgenden Risiken analysiert werden.
Koordinations- und Planungspflichten im GU-Vertrag - Koordinationspflichten des GU (Gewerkekoordination)
Einer der Hauptgründe für das Engagieren eines Generalunternehmers ist, dass dieser die Koordination der verschiedenen Gewerke übernimmt. Der GU hat sicherzustellen, dass die Arbeiten der Baubeteiligten (einschließlich sämtlicher Nachunternehmer) zeitlich und technisch aufeinander abgestimmt erfolgen. Dies umfasst z.B. die Erstellung eines Bauzeitenplans, die Abstimmung von Schnittstellen zwischen Gewerken (etwa Rohbau und Haustechnik) sowie die Kontrolle, dass kein Gewerk Arbeiten ausführt, die mit anderen in Konflikt stehen. Die Koordinationspflicht ist zwar im BGB nicht ausdrücklich normiert, ergibt sich aber aus der Natur des GU-Vertrags und dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB): Der GU schuldet ein funktionierendes Gesamtwerk, also muss er intern für Abstimmung sorgen.
Fehlt eine übergeordnete Ausführungsplanung, gerät die Erfüllung der Koordinationspflicht in Gefahr. Denn ohne zentralen Plan besteht – wie oben beschrieben – das Risiko, dass jedes Gewerk „nach eigener Regie“ arbeitet und gegenseitige Abhängigkeiten übersehen werden. Der GU muss dem entgegenwirken, indem er entweder selbst eine koordinierte Planung erstellt oder Unklarheiten aktiv klärt. Ignoriert er offensichtliche Koordinationsprobleme, kann ihm ein Organisationsverschulden vorgeworfen werden.
Beispiel:
Beim Innenausbau beginnen Malerarbeiten, obwohl die Trockenbauwände fehlerhaft sind und nochmals geöffnet werden müssten. Ein solches Chaos würde man dem GU anlasten, da es seine Aufgabe gewesen wäre, die Reihenfolge und Qualität der Gewerke zu steuern.
In vertraglicher Hinsicht kann die Koordinationspflicht des GU auch ausdrücklich festgelegt sein (etwa durch Klauseln, dass der GU für die Arbeitsvorbereitung, Taktplanung und Schnittstellenkoordination verantwortlich ist). Selbst ohne ausdrückliche Regelung wird sie als vertragliche Nebenpflicht des GU angesehen, die aus seinem Übernahmeverschulden resultiert. Der GU trägt insoweit ein erhöhtes Gewährleistungsrisiko: Fehler aus mangelhafter Koordination (z.B. nicht zueinander passende Leistungen verschiedener Gewerke) gelten als vom GU zu vertretende Mängel, sofern nicht eindeutig ein Planungsmangel des AG vorliegt.
Gerade beim Baubeginn ohne fertige Ausführungsplanung muss der GU seiner Koordinationsverantwortung besonders gerecht werden. Er kann gehalten sein, eigene Übergabepläne und Leitdetails zu entwickeln, um die Schnittstellen der Gewerke zu definieren. Unterlässt er dies und es entstehen Schäden oder Mehrkosten durch Abstimmungsfehler, fällt dies in seinen Haftungsbereich.
Allerdings wird man dem GU nicht die Gesamtplaner-Verantwortung zuschieben, wenn der Vertrag sie bewusst beim AG belassen wollte. Hier ist die Abgrenzung zur Planungspflicht wesentlich: Koordination bedeutet, vorhandene Planungsinhalte zusammenzuführen und Reihenfolgen zu optimieren; Planung bedeutet, Inhalte und Vorgaben selbst zu erarbeiten. Die Übergänge sind fließend. So gehört es zur Koordination, beim AG rechtzeitig fehlende Details anzufordern oder selbst Lösungsvorschläge zu erarbeiten, um Konflikte zu vermeiden. Tut der GU letzteres, bewegt er sich schon im Bereich der (Ersatz-)Planung.
Praxistipp:
Der GU sollte im Zweifel proaktiv handeln – fehlende Details einfordern oder im Einvernehmen mit dem AG klären – statt einfach zu bauen und auf nachträgliche Korrekturen zu hoffen. Anderenfalls läuft er Gefahr, für resultierende Mängel voll einstehen zu müssen (vgl. OLG Brandenburg, dazu VI.2).
Prüf- und Hinweispflichten des GU (§ 4 Abs. 3 VOB/B)
Die Prüfungs- und Bedenkenhinweispflicht ist ein zentrales Instrument, um Risiken aus fehlerhafter oder fehlender Planung abzufedern. Sie ergibt sich für VOB/B-Verträge ausdrücklich aus § 4 Abs. 3 VOB/B: Der Auftragnehmer muss Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung oder gegen die Güte der gelieferten Vorleistungen (Pläne, Baustoffe etc.) unverzüglich schriftlich anzeigen. Diese Pflicht besteht analog auch im BGB-Werkvertragsrecht aufgrund von Treu und Glauben, selbst wenn die VOB/B nicht vereinbart ist. Das bedeutet: Erkennt der GU oder hätte er erkennen müssen, dass etwas Wesentliches in der Planung fehlt oder fehlerhaft ist, muss er den AG darauf hinweisen.
Im Kontext „Baustart ohne Ausführungsplanung“ greift die Bedenkenanmeldepflicht in zweifacher Hinsicht:
Fehlende Pläne als solcher Mangel: Wenn gar keine oder keine ausreichenden Ausführungspläne vorliegen, ist dies an sich ein Umstand, der Bedenken auslösen muss. Ein fachkundiger Unternehmer weiß, dass ohne Ausführungsplanung erhebliche Probleme drohen. Daher sollte er vor Beginn der Arbeiten schriftlich mitteilen, dass die Planung unvollständig ist, und klare Anweisungen bzw. Pläne einfordern. Tut er das nicht, könnte man ihm vorhalten, er habe die Arbeiten sehenden Auges ins Ungewisse begonnen.
Einzelne unklare oder fehlerhafte Details: Selbst wenn eine grobe Planung vorliegt, können darin Lücken oder Fehler sein (z.B. ein Detailknoten nicht gelöst, widersprüchliche Angaben). Auch hier muss der GU Bedenken anmelden. Typischerweise richtet sich der Hinweis an den Bauleiter oder Architekten des AG. Der GU sollte ihn schriftlich fixieren (die VOB/B verlangt Schriftform, wobei Gerichte im Notfall auch mündliche Hinweise gelten lassen, aber zu Beweiszwecken schriftlich besser).
Der Nutzen des Bedenkenhinweises:
Reagiert der AG bzw. sein Planer nicht, gerät der AG in der Pflicht, das Problem zu lösen. Fährt der AG dennoch ohne Anpassung der Planung fort (d.h. besteht er auf Ausführung wie beauftragt), so entfällt die Verantwortung des GU für die daraus entstehenden Mängel. § 13 Abs. 3 VOB/B etwa bestimmt, dass der Unternehmer nicht haftet, wenn er auf Bedenken hingewiesen hat und der Auftraggeber auf der Ausführung besteht (es sei denn, die Ausführung ist offensichtlich lebensgefährlich o.ä.). Auch nach BGB wird in solchen Fällen ein Mitverschulden des AG oder gar alleinige Verantwortlichkeit des AG angenommen, weil der GU seiner Warnpflicht nachgekommen ist.
Problematisch wird es, wenn der GU keine Bedenken anmeldet und später stellt sich heraus, dass die fehlende Ausführungsplanung ursächlich für Mängel war. Hier neigt die Rechtsprechung dazu, den GU nicht zu entlasten. Das OLG Brandenburg hat klar gestellt, dass ein Bauunternehmen, das weiß, es soll ohne Ausführungsplanung bauen, sich nicht der Haftung entziehen kann für Mängel, die es im Rahmen seiner Prüfungspflicht gemäß § 4 Nr. 3 VOB/B hätte erkennen können. Das heißt: Unterlässt der GU den Hinweis, wird ein späterer Mangel als (mit)von ihm verschuldet bewertet.
Beispiel:
Der GU erkennt, dass eine Detailplanung für einen Dachanschluss fehlt, baut aber trotzdem nach eigenem Gutdünken weiter. Kommt es zum Feuchtigkeitsschaden, kann er nicht sagen „Ihr hattet mir keine Planung gegeben“. Vielmehr wird man ihm vorhalten, er hätte die Arbeiten so nicht ausführen dürfen oder zumindest warnen müssen. OLG Frankfurt entschied in so einem Fall, dass der GU durch sein Vorgehen stillschweigend die Planungsverantwortung übernommen hat und allein haftet. Ein Mitverschulden des AG wurde verneint, gerade weil der GU keine Bedenken angemeldet hatte.
Die Prüf- und Hinweispflicht gilt auch hinsichtlich Anordnungen des AG. Wenn der AG z.B. aus Zeitgründen darauf drängt, sofort loszubauen, obwohl Pläne fehlen, müsste der GU dringend schriftlich festhalten, dass er auf Veranlassung des AG ohne ausreichende Planung beginnt, und die Risiken aufzeigen. Sonst riskiert er, später alleine für Folgen geradezustehen.
Zusammengefasst: Die Bedenkenhinweispflicht schützt einerseits den AG davor, dass der Unternehmer blind Fehler umsetzt – sie soll also eine Qualitätssicherung sein durch die zweite Fachmeinung des Unternehmers. Andererseits schützt sie den GU, falls der AG trotz Warnung an etwas festhält – dann mindert sich die Haftung des GU (im Extremfall bis auf Null, da der AG das Risiko übernommen hat). Beim Baubeginn ohne Ausführungsplan ist ein deutlicher, dokumentierter Hinweis des GU auf die Notwendigkeit einer Planung praktisch unerlässlich, um sich nicht seinem vollen Haftungsrisiko auszusetzen (siehe Fazit OLG Frankfurt: „Merke: Wer ohne (fremde) Planung baut, der schuldet selbst eine mängelfreie Planung!“). Dieses Motto unterstreicht die Bedeutung der Hinweispflicht – sie ist für den GU der einzige Weg, im Zweifel die Planungsverantwortung abzulehnen und auf den AG zurückzuführen.
Mitwirkungspflichten des AG (Informations- und Planlieferungspflicht)
Komplementär zu den Pflichten des GU stehen die Mitwirkungs- und Kooperationspflichten des AG. Der AG hat alle Voraussetzungen zu schaffen, die nach dem Vertrag erforderlich sind, damit der GU seine Leistung erbringen kann. Zentral ist dabei die Pflicht, die erforderlichen Ausführungsunterlagen rechtzeitig bereitzustellen (vgl. § 3 Abs. 1 VOB/B). Gibt es einen vom AG beauftragten Architekten, ist dieser insoweit Erfüllungsgehilfe des AG: Dessen Planungsfehler oder -lücken fallen dem AG zur Last. Der AG muss also nicht nur überhaupt Pläne liefern, sondern solche, die vollständig und mangelfrei sind. Unterlässt er dies – etwa indem er ohne Ausführungsplanung bauen lässt –, verletzt er seine Vertragspflicht. Die Literatur spricht hier von einer Obliegenheitsverletzung des Bestellers im eigenen Interesse: Der Bauherr handelt auf eigenes Risiko, wenn er auf eine Ausführungsplanung verzichtet.
Die aktuelle Rechtsprechung betont die Bedeutung dieser Mitwirkung: Das OLG München entschied 2018, ein Bauherr hafte selbst dann, wenn er überhaupt keine Ausführungspläne liefert, für daraus resultierende Baumängel. Tritt also später ein Mangel auf, der im Normalfall auf Fehler in der Ausführungsplanung zurückzuführen ist, aber der Bauherr hat gar keinen Plan erstellen lassen, „fällt das Haftungssubjekt weg“ – es gibt keinen Planer, den man verantwortlich machen könnte. Praktisch bedeutet dies: Entweder bleibt der Bauherr selbst auf dem Schaden sitzen, oder er versucht den ausführenden Unternehmer haftbar zu machen – was jedoch nur eingeschränkt gelingt, wenn dieser seiner Prüfpflicht genügt hat (siehe oben). In jedem Fall hat sich der AG durch das Fehlen einer Planungsbeauftragung in eine ungünstige Lage gebracht.
Zu den Mitwirkungspflichten zählt auch, auf Hinweise des GU zügig zu reagieren. Bekommt der AG einen Bedenkenhinweis, muss er entscheiden: Entweder er liefert zusätzliche Planung/Anweisung, oder er trägt das Risiko, falls er trotz Warnung am bisherigen Vorgehen festhält. Schweigt der AG auf einen Hinweis, darf der GU die Arbeit verweigern, bis Klarheit besteht – andernfalls läuft er Gefahr, ins offene Messer zu laufen. Rechtlich kann ein fortdauerndes Planungsdefizit dazu führen, dass der GU Leistungsverweigerungsrechte hat oder die Leistungspflicht suspendiert ist, bis der AG mitwirkt. So hat etwa OLG Nürnberg entschieden, dass die Nachbesserung eines Mangels nicht fällig ist, solange der AG die dafür unverzichtbare Ausführungsplanung (die im Vertrag seiner Sphäre zugeordnet war) nicht vorlegt. Eine Klage des AG auf Mängelbeseitigung wurde als derzeit unbegründet abgewiesen, weil der AG zunächst seine Planungslücke schließen musste. Dieses Urteil verdeutlicht: Die Planlieferungspflicht des AG kann conditio sine qua non für die Erfüllung des Vertrags sein.
Weitere Mitwirkungspflichten: Der AG muss dem GU Zugang zur Baustelle gewähren, Baugenehmigungen beschaffen (falls nicht abgewichen), notwendige behördliche Auflagen kommunizieren, Auskünfte zeitnah erteilen und Entscheidungen treffen (z.B. Freigabe von Ausführungsdetails, Farb- oder Materialentscheidungen, falls das im Vertrag so vorgesehen ist). Gerade Entscheidungen, die die Planung betreffen (etwa Auswahl zwischen Alternativen), dürfen nicht herausgezögert werden, da sonst der GU aufgehalten wird. Hier kann wiederum § 642 BGB ins Spiel kommen: Zögert der AG mit einer notwendigen Mitwirkung (z.B. liefert die Statik nicht rechtzeitig), gerät er in Annahmeverzug und schuldet dem GU eine Entschädigung für den Stillstand.
Als besonderer Fall der Mitwirkung ist die Beauftragung eines Bauleiters/Architekten durch den AG zu nennen. Dieser hat u.a. die Aufgabe der Bauüberwachung (HOAI Leistungsphase 8), also die Überwachung der Ausführung auf Übereinstimmung mit den Plänen und allgemeinen Regeln der Technik. Die Rechtsprechung stellt jedoch klar, dass eine mangelhafte oder unzureichende Bauüberwachung kein Mitverschulden des AG im Verhältnis zum Unternehmer begründet. Mit anderen Worten: Der GU kann sich nicht darauf berufen, der Bauleiter habe einen Fehler nicht rechtzeitig bemerkt; die Hauptverantwortung bleibt beim Unternehmer. Dennoch gehört es zur Mitwirkungspflicht des AG, eine qualifizierte Überwachung einzusetzen, um Planmängel oder Ausführungsfehler frühzeitig zu erkennen. Tut er das nicht, handelt er auf eigenes Risiko, erhält aber keine Reduktion von Unternehmeransprüchen im Schadensfall (der GU haftet trotzdem voll, solange er selbst fehlerhaft agierte).
Zusammenfassend hat der AG dafür Sorge zu tragen, dass der GU auf eine klar definierte, vollständige Leistungsgrundlage bauen kann. Unterlässt der AG dies – sei es durch Verzicht auf Ausführungspläne oder verspätete/fehlerhafte Pläne – verstößt er gegen seine Mitwirkungspflichten. Die Folgen zeigen sich im nächsten Teil: Sie reichen von Beweislastnachteilen über Mitverschuldensanrechnung bis hin zu eigenen Haftungsanteilen des AG für Mängel.
Risiken beim Baubeginn ohne ausführungsgerechte Werkplanung
Ist der Baustart erfolgt, ohne dass eine ausgereifte Ausführungsplanung vorlag, sind verschiedene Risikoebenen zu betrachten. Im Folgenden werden die wichtigsten Risiken systematisch dargestellt – sowohl aus Sicht des GU als auch des AG.
Mängel und Haftungsverteilung (Qualitative Risiken)
Qualitative Risiken beziehen sich auf die Bauqualität und die Frage, wer für Baumängel haftet, die auf fehlende oder mangelhafte Planung zurückzuführen sind.
Beginnt ein GU ohne ausreichende Planung zu bauen, besteht ein hohes Risiko, dass das Bauwerk Mängel aufweist, weil wichtige Details ungeklärt waren:
Typische Szenarien sind: Fehlende Anschlüsse, unkoordiniert verbaute Bauteile, Inkompatibilitäten zwischen Gewerken, technisch unzureichende Lösungen „aus dem Bauch heraus“. Beispielsweise könnten Abdichtungsdetails unberücksichtigt bleiben, was später zu Wasserschäden führt, wie im folgenden Fall: Ein GU führte Dachabdichtungsarbeiten aus, ohne eine Detailplanung vom AG erhalten zu haben. Er setzte eine Öffnung (Dachablauf) in die Attika, versäumte aber mangels Planung einen fachgerechten Anschluss der Folienabdichtung – es kam zu erheblichen Feuchtigkeitsschäden am Penthouse-Aufbau. Hier machte der AG Mängelansprüche geltend.
Haftungsverteilung: Grundsätzlich haftet der Unternehmer für Mängel seines Werks (§ 633 ff. BGB), d.h. er muss nachbessern oder Schadensersatz leisten, wenn das Werk nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat oder sich nicht für die vertraglich vorausgesetzte oder gewöhnliche Verwendung eignet (§ 633 BGB). Ein fehlender oder unsachgemäß ausgeführter Bauteil (etwa die fehlende Abdichtung) ist ein Mangel, weil das Werk (Dach) nicht funktionstauglich ist. Dass dieser Mangel u.U. auf einer unzureichenden Planung beruht, ändert zunächst nichts am Mangelbegriff – das Ergebnis ist objektiv defizitär.
Die spannende Frage ist, ob der GU für diesen Mangel einzustehen hat, oder ob er sich entlasten kann, weil der AG die Planung schuldhaft nicht gestellt hat.
Hier spielen die in Teil IV diskutierten Pflichten eine Rolle:
Hat der GU ohne zu warnen losgearbeitet und improvisiert, wird man regelmäßig sagen: Er hat die Planungsverantwortung konkludent übernommen und haftet allein für den mangelhaften Erfolg. So im genannten Beispiel: Das OLG Frankfurt sprach dem AG vollen Schadensersatz gegen den GU zu; der GU konnte sich nicht darauf berufen, keine Ausführungsplanung erhalten zu haben. Indem er trotzdem ausführte, schuldet er eine funktionierende Abdichtung und Entwässerung. Er hätte zumindest auf das besondere Gefahrenpotenzial hinweisen müssen – unterließ er dies, haftet er zu 100 %. Ein Mitverschulden des AG schied das Gericht aus, da der Fall nicht vergleichbar sei mit Fällen fehlerhafter Planvorgaben durch den AG. Im Ergebnis blieb der GU also auf dem gesamten Mängelschaden sitzen. Diese Linie der Rechtsprechung bedeutet: Planungsdefizite gehen zu Lasten des GU, wenn er sich darauf eingelassen hat.
Anders gelagert sind Fälle, in denen der AG dem GU fehlerhafte Pläne liefert und der GU diese ausführt. Dann liegt kein „Baustart ohne Planung“, sondern ein Baustart mit mangelhafter Planung vor. Hier wird die Haftung häufig geteilt: Der GU haftet, weil er eine Prüf- und Hinweispflicht hat – erkennt er offensichtliche Planungsfehler nicht, trifft ihn ein Verschulden. Gleichzeitig haftet der AG (bzw. sein Architekt) für die Planungsfehler. OLG Frankfurt (Urteil vom 16.03.2010) befasste sich mit so einem Fall: Der AG hatte dem GU eine Entwurfsplanung gestellt, die einen Belüftungsstutzen vergaß; der GU übersah dies und übernahm den Fehler in seine Ausführungsplanung. Das Bauwerk wies anschließend Mängel (Korrosionsschäden) aufgrund der fehlenden Belüftung auf. Das Gericht hielt fest, dass zwar der GU gegen seine Prüfpflicht verstoßen habe, aber auch der AG seine Pflicht verletzt habe, eine mangelfreie Vorplanung bereitzustellen. Die Planer des AG waren Erfüllungsgehilfen des AG, deren Verschulden sich der AG zurechnen lassen müsse. Es wurde eine Schadensteilung 50:50 vorgenommen. In solchen Fällen wird dem AG also ein Mitverschulden angerechnet, weil er keine ordnungsgemäße Planung geliefert hat. Für die Praxis heißt das: Hat der AG zumindest etwas geplant (wenn auch fehlerhaft), kann im Haftungsfall eine Quotelung erfolgen – je nachdem, wie schwer der Planungsfehler erkennbar war und ob der GU seine Hinweispflicht verletzt hat. Besteht der Mangel allein in der unzureichenden Planung und hat der GU pflichtgemäß gewarnt, kann der GU im Idealfall sogar ganz aus der Haftung sein; dann trägt der AG den Schaden allein (und kann allenfalls seinen Planer in Regress nehmen).
Fehlende Planung trotz Warnung: Ein theoretischer Fall wäre, dass der GU den AG auf die fehlende Ausführungsplanung hinweist, der AG aber trotzdem auf Ausführung drängt, ohne Pläne zu liefern. Wenn der GU dann (ggf. auf ausdrückliche Anordnung) baut und es kommt zum Mangel, dürfte der GU weitgehend entlastet sein. Allerdings birgt dieses Szenario praktische Schwierigkeiten: Ein GU sollte ohne Planung eigentlich nicht weiterarbeiten, selbst wenn der AG es verlangt – er könnte sonst in unbeherrschbare Haftungsrisiken geraten, die auch ein Hinweis nicht völlig neutralisiert. Manche Gerichte könnten argumentieren, der GU hätte die Leistung verweigern müssen, weil ein grober Planungsmangel vorlag (Stichwort: „Bauführer als Anwalt des Bauherrn“ – er soll diesen vor Schaden bewahren). Dennoch würde ein dokumentierter Bedenkenhinweis die Haftung des GU deutlich reduzieren. In der Regel aber, wenn der AG auf Hinweis reagiert, wird er entweder Pläne nachreichen (dann ist die Situation entschärft) oder die Ausführung ändern. Ignoriert er den Hinweis, produziert er quasi vorsätzlich einen Mangel – hier wäre wohl § 242 BGB heranzuziehen, um den GU nicht haften zu lassen.
Kein Planer = kein Haftungssubjekt: Der Fall, dass der AG überhaupt keinen eigenen Planer hat und keine Pläne liefert, stellt ihn, wie OLG München formulierte, vor das Problem, dass dann niemand außer ihm selbst als „Haftungssubjekt“ für Planungsmängel zur Verfügung steht. Wenn also Mängel auftreten, die auf fehlende Ausführungsplanung zurückzuführen sind, ist entweder der GU (falls er Planungsverantwortung übernommen hat) haftbar – oder, wenn nicht, bleibt die Lücke beim AG. Für den AG bedeutet das: Verzichtet er auf Ausführungsplanung, kann er im Mängelfall ggf. keinen Dritten haftbar machen und bleibt auf dem Schaden sitzen. Insbesondere kleinere Bauherren, die meinen, an Planungsleistungen sparen zu können, riskieren damit also erhebliche eigene Verluste, wenn etwas schiefgeht.
Fazit zu Mängeln: Ein Baubeginn ohne Ausführungsplanung vergrößert die Gefahr von Baumängeln und führt zu schwierigen Abgrenzungsfragen. Nach aktueller Tendenz der Rechtsprechung haftet der GU im Zweifel voll, wenn er ohne Planung gebaut hat (Konzept: stillschweigende Übernahme der Planungsleistung). Der AG haftet (mit), wenn er eine mangelhafte Planung geliefert hat, die der GU nicht (erkennbare) korrigiert hat. Für den AG ungünstig ist der Extremfall, dass keiner die Planung gemacht hat – dann bleibt letztlich der AG als Besteller auf einem Teil der Mängel sitzen, weil er seine Obliegenheit zur Beauftragung eines Planers verletzt hat.
Für beide Seiten sind Mängel teuer: Der GU muss Mängel beseitigen oder Schadensersatz leisten, was die Marge auffrisst oder Verluste bringt; der AG erleidet Bauverzögerungen, Nutzungsausfall und ggf. Wertminderung des Bauwerks, ganz zu schweigen vom Aufwand, Ansprüche durchzusetzen. Und: Planungsmängel sind oft schwerer zu korrigieren als reine Ausführungsfehler, da sie u.U. tief in die Konstruktion eingreifen. Beispielsweise einen statisch unterdimensionierten Träger nachträglich zu verstärken, ist komplex und teuer – wer trägt das? Solche Streitfragen werden durch eine klare Planung von vornherein vermieden.
Nachträge und Vergütungsrisiken (Leistungsänderungen)
Ein Baustart ohne vollständige Ausführungsplanung ist nahezu zwangsläufig mit Nachträgen verbunden. Nachträge sind Leistungsänderungen oder Zusatzleistungen, die über den ursprünglich vereinbarten Umfang hinausgehen und meist zu Mehrvergütungsansprüchen des Unternehmers führen (oder führen sollen). Wenn erst während der Bauausführung Details geplant oder Planlücken geschlossen werden, stellt sich regelmäßig heraus, dass entweder zusätzliche Arbeiten erforderlich sind oder Änderungen gegenüber der ursprünglich kalkulierten Leistung auftreten.
Beispiele:
In den ursprünglichen Unterlagen fehlt eine Abdichtungsschicht – diese muss später zusätzlich eingebaut werden (Zusatzleistung). Oder es stellt sich heraus, dass eine Konstruktion anders dimensioniert werden muss als angenommen – z.B. stärkere Bewehrung im Beton, weil die Statik nachträglich präzisiert wird (Änderung). Solche Fälle erzeugen Nachträge in Bezug auf Kosten und ggf. Bauzeit.
Risiken aus GU-Sicht:
Für den GU besteht ein wirtschaftliches Risiko, leistungsumfangbezogene Lücken im Vertrag zu haben. Hat er ein Pauschalangebot auf Basis unvollständiger Planung abgegeben, könnte argumentiert werden, er schulde das funktionstüchtige Werk zum Festpreis – trotz Planungsdefizit. Dann müsste er Mehrleistungen ohne zusätzliche Vergütung erbringen, was seine Kalkulation schädigt. Ob er einen Nachtragsanspruch hat, hängt davon ab, ob die zusätzliche Leistung von seinem vertraglichen Leistungsversprechen umfasst ist oder nicht.
Hier kommt es auf die Vertragsauslegung an:
Ist die Bausoll-Beschreibung funktional („Herstellung eines wasserdichten Daches“), dann kann selbst etwas, das nicht explizit geplant war (z.B. eine bestimmte Abdichtung im Detail), als vom Pauschalpreis mitumfasst gelten, weil es zur Funktionsfähigkeit gehört. In dem Fall könnte der AG sagen: „Das hättest du einplanen müssen, kein Extra.“
Ist das Bausoll dagegen enumerativ oder begrenzt durch vorhandene Pläne/Leistungsverzeichnis, dann kann der GU argumentieren: „Diese Leistung war nicht enthalten, also handelt es sich um einen vom AG angeordneten Mehrumfang.“ Dann steht ihm grundsätzlich eine zusätzliche Vergütung zu (nach BGB über § 650b, 650c; nach VOB/B über § 2 Abs. 5, 6 VOB/B).
Bei unklarer Sachlage drohen zeit- und kostenintensive Streitigkeiten über die Einordnung als Mangel vs. Nachtrag: War das Fehlen einer Leistung ein vom GU zu vertretender Mangel (er hätte es wissen müssen) oder ein vom AG zu bezahlender Nachtrag (er hat es nicht ausgeschrieben)? Ohne klare Ausführungsplanung wird diese Abgrenzung erschwert.
Die Beweislast für die Notwendigkeit und Herkunft der Mehrleistung liegt oft beim GU – er muss darlegen, dass etwas nicht im Vertrag war:
Zugunsten des GU wirken hier die Regelungen des neuen Bauvertragsrechts: § 650b BGB gibt dem Besteller ein Anordnungsrecht, aber zugleich dem Unternehmer einen Vergütungsanspruch nach § 650c BGB auf Basis tatsächlicher Kosten bei Leistungsänderungen. Das hilft jedoch nur, wenn klargestellt ist, dass es eine Leistungsänderung war und nicht schon vorher geschuldet. Wie oben erwähnt, schließt § 650c Abs. 1 S. 2 BGB zusätzliche Vergütung aus, wenn die Änderung nötig ist, um den vereinbarten Erfolg zu erreichen und der Unternehmer die Planung schuldete. Beispiel: GU hat ein eigenes Detailleistungsverzeichnis erstellt, das lückenhaft ist – die vergessenen Leistungen muss er ohne Mehrvergütung erbringen. Hier war die Planung seine Aufgabe, also kein Nachtrag. War hingegen der AG für die Planung zuständig und hat etwas vergessen, dann ist die zusätzliche Leistung vergütungspflichtig als „Sowieso-Leistung“.
Risiken aus AG-Sicht: Für den AG besteht das Risiko erheblicher Mehrkosten durch Nachträge. Wenn die ursprüngliche Planung unvollständig war, kommen während des Bauablaufs zahlreiche Nachforderungen des GU. Bauunternehmen könnten versucht sein, zunächst günstig anzubieten und dann über Nachträge ihren Schnitt zu machen – insoweit ist der Verzicht auf klare Planung ein Nährboden für Vertragsstreitigkeiten. Der AG läuft Gefahr, dass sein Budget gesprengt wird. Bei öffentlichen Bauherren beobachtet man oft, dass erst mit unvollständigen Planungen gestartet wird und dann die Kostenexplosion durch Nachträge erfolgt – was politisch und wirtschaftlich sehr unerwünscht ist.
In extremen Fällen kann das Projekt aus dem Ruder laufen (vgl. Großprojekte wie Berlin BER, Elbphilharmonie, wo Planänderungen zu enormen Nachträgen führten). In Hamburg musste z.B. die Stadt letztlich eine viel höhere Summe für die Elbphilharmonie zahlen als ursprünglich veranschlagt, u.a. weil vor Baubeginn die Planung nicht abschließend geklärt war und viele Änderungen vorgenommen wurden. Zwar wurden hier Vergleichslösungen gefunden, doch zeigen solche Fälle: Fehlt eine ausgereifte Planung, geraten Vertragspreis und Kostenkontrolle außer Kontrolle.
Nachtragsmanagement und Streit: Die Vielzahl an Nachträgen führt oft zu Streit über die Anspruchsgrundlage und Höhe. Der GU muss seine Mehrleistungen anzeigen und kalkulieren; der AG wird diese prüfen, oft bestreiten oder kürzen. Der Bauvertrag kann darüber in eine Krise geraten. Schlimmstenfalls stellt der GU die Arbeit ein, wenn Nachträge nicht beauftragt oder bezahlt werden – es droht ein Baustopp. In rechtlicher Hinsicht muss jeder Nachtrag anhand der Vertragspreise oder kalkulatorischer Ansätze bewertet werden. Das erfordert wiederum Dokumentation, welche Leistung ursprünglich vorgesehen war und welche nicht (zur Dokumentationsproblematik siehe V.5).
Zusammenfassung Nachtragsrisiko: Ohne saubere Ausgangsplanung entsteht ein Kampf darum, wer die Mehrkosten trägt. Der GU will nicht gratis mehr leisten als kalkuliert, der AG will nicht für etwas doppelt zahlen, was er meinte, im GU-Preis enthalten zu haben. Meist liegt die Wahrheit in der Mitte und es kommt zu Kompromissen oder Gerichtsentscheidungen, die oft eine Quote oder Teilausgleich festlegen. Das Risiko für den GU ist, auf Kosten sitzen zu bleiben, wenn er Planungsleistungen oder vergessene Positionen nicht extra abrechnen kann. Das Risiko für den AG ist, deutlich mehr zahlen zu müssen als vorgesehen, weil der GU Nachträge berechtigterweise fordert. Beide Risiken sind hoch und nur durch eine vollständige Planung vor Vertragsschluss bzw. Baubeginn minimierbar.
Bauzeitverzögerungen und Terminplanrisiken
Fehlt zu Baubeginn die ausführungsgerechte Planung, sind Bauzeitverzögerungen praktisch vorprogrammiert. Eine unklare Planung führt oft zu Baustopps während der Ausführung, weil plötzlich Details nachgearbeitet werden müssen, Abstimmungen erfolgen oder Fehler korrigiert werden. Jeder solcher ungeplanter Unterbrechung kostet Zeit.
Die Risiken im Terminbereich sind:
Planbedingte Wartezeiten: Muss der GU während der Bauausführung auf nachträgliche Planungen oder Anweisungen des AG warten, gerät der Bauablauf ins Stocken. In einem gut geplanten Projekt werden Abläufe orchestriert; fehlt die Planung, entstehen Leerlauf und Ineffizienzen. Aus rechtlicher Sicht begründet die verspätete Mitwirkung des AG (z.B. verspätete Planlieferung) einen Anspruch des GU auf Bauzeitverlängerung. Nach § 6 Abs. 2 VOB/B bzw. allgemeinem Werkvertragsrecht (Störung der Geschäftsgrundlage, §§ 313, 275 BGB analog oder direkte Anwendung des § 6 VOB/B, falls vereinbart) darf der GU die Termine entsprechend anpassen. Zudem kann ein Entschädigungsanspruch nach § 642 BGB entstehen, wenn der GU Geräte, Personal etc. vorhalten muss, ohne arbeiten zu können, weil Pläne fehlen. Der GU sollte solche Behinderungen dem AG anzeigen (Bauablaufstörungen anzeigen, analog § 6 Abs. 1 VOB/B), um seine Rechte zu wahren.
Veränderung des Bauablaufs: Ohne Ausführungsplanung kommt es oft zu Chaotisierung des Bauablaufs. Beispielsweise werden einige Gewerke früher begonnen als sinnvoll, andere verzögern sich bis Klarheit besteht. Das führt zu Störungen in der Bauablauflogik: Gewerke müssen aussetzen und später erneut ansetzen, was wiederum Koordination erschwert. Die Summe solcher Störungen verlängert typischerweise die Gesamtbauzeit erheblich, häufig mehr als lineare Berechnungen vermuten ließen (weil Effizienzverluste sich potenzieren).
Terminrisiko GU: Der GU hat meist eine vertraglich fixierte Fertigstellungsfrist oder einen Fertigstellungstermin. Beginnt er ohne Planung, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass er diesen Termin nicht einhalten kann, außer er unternimmt kostspielige Beschleunigungsmaßnahmen (z.B. Mehrschichtbetrieb, Überstunden), was wiederum Geld kostet, das er nur ersetzt bekommt, wenn der AG die Ursache zu vertreten hat. Das Verzugsrisiko des GU (bei Terminüberschreitung) wandelt sich also in ein Claim-Risiko: Er muss gegenüber dem AG darlegen, dass die Verzögerungen auf fehlender Planung beruhten (also vom AG oder von Umständen außerhalb seiner Sphäre verursacht wurden), um einer Vertragsstrafe oder Schadensersatzpflicht zu entgehen.
Vertragsstrafen: Viele GU-Verträge enthalten Vertragsstrafeklauseln für den Fall der Terminüberschreitung (dazu unten V.7). Das droht dem GU unmittelbar finanziell, wenn er in Verzug gerät. Startet er ohne Ausführungspläne, gerät er leicht in Verzug – es sei denn, er zeigt die Behinderung fristgerecht an und beantragt Verlängerung. Versäumt er das, könnte der AG die Vertragsstrafe fordern, selbst wenn eigentlich die Planungsseite ursächlich war. Für den GU besteht also das Risiko, Vertragsstrafen verwirken zu lassen, wenn er die planungsbedingten Verzögerungen nicht formal sauber als vom AG zu vertretende Behinderungen deklariert.
Risiken aus AG-Sicht: Für den AG bedeutet die Bauzeitverzögerung Verlust von Nutzungszeit (das Gebäude steht später zur Verfügung, Mieteinnahmen oder Eigengebrauch verzögert) und ggf. Schadensersatzforderungen Dritter (z.B. Käufer von Wohnungen, die verspätet übergeben werden). Zwar kann der AG diese Schäden unter Umständen dem GU aufzuerlegen versuchen (Verzögerungsschaden), aber nur, wenn der GU die Verzögerung zu vertreten hat. War der AG selbst durch Planversäumnisse Ursache, wird er solche Ansprüche nicht durchsetzen können – im Gegenteil, der GU könnte Entschädigung verlangen. Unabhängig von juristischen Ansprüchen sind aber dem AG oft finanzielle und politische Schäden entstanden: ein verzögertes Projekt kann Mehrkosten im Bauherrenumfeld auslösen (Interimslösungen, Finanzierungskosten durch längere Bauzeit, Imageverlust).
Besondere Fälle: In öffentlichen Projekten kann es zu Untersuchungsausschüssen oder politischer Verantwortungszuschreibung kommen, wie in Hamburg bei Großprojekten zu sehen war. Rechtlich relevant ist dies zwar weniger, aber es erhöht das allgemeine Risiko- und Stressniveau für die Beteiligten, was oft eine einvernehmliche Problemlösung erschwert.
In Summe: Bauzeitrisiken sind erheblich. Der GU läuft Gefahr, Verzug zu geraten und sanktioniert zu werden, wenn er nicht vertraglich und dokumentarisch gegensteuert. Der AG riskiert, sein Projekt verspätet zu erhalten, ohne dafür voll kompensiert zu werden, wenn die Verzögerung auf eigener Planungsversäumnis beruht. Besonders gravierend: Verzögerungen haben eine Tendenz, sich aufzuschaukeln – ein schlecht geplanter Start kann den gesamten Zeitplan ruinieren. Eine belastbare Planung ist hingegen der Schlüssel zu einem verlässlichen Bauablauf. Das Sprichwort „Gut geplant ist halb gebaut“ bewahrheitet sich juristisch darin, dass ohne Planung die Grundlagen für Terminansprüche und -sicherheit fehlen.
Abnahmeproblematik und Fertigstellungsrisiken
Die Abnahme ist ein zentraler Meilenstein im Werkvertragsrecht (§ 640 BGB): Mit ihr erklärt der AG, dass er die Werkleistung als im Wesentlichen vertragsgerecht akzeptiert. Die Abnahme hat zahlreiche Rechtswirkungen (Gefahrübergang, Fälligkeit der Schlusszahlung, Beginn der Verjährung, Umkehr der Beweislast hinsichtlich Mängeln etc.). Beim Baubeginn ohne ausreichende Planung droht, dass die Abnahme verzögert wird oder nur unter Vorbehalten erfolgen kann, weil Restleistungen oder Mängel vorliegen, die auf die Planungsproblematik zurückzuführen sind.
Risiken im Überblick:
Unvollständige Leistung bei Abnahmetermin: Wenn die Planung unterwegs erfolgte, besteht die Möglichkeit, dass bis zum vertraglich vorgesehenen Fertigstellungstermin einige Arbeiten noch gar nicht abgeschlossen sind – sei es, weil später erkannte Planungsanforderungen noch nachgeholt werden müssen oder weil Mängelbeseitigungen im Gange sind. Der AG kann die Abnahme verweigern, solange wesentliche Restleistungen ausstehen oder erhebliche Mängel vorliegen. Eine fehlende Ausführungsplanung kann z.B. dazu führen, dass Teile der technischen Ausrüstung noch nicht funktionieren oder optische Mängel (falsch platzierte Bauteile) offen zu Tage treten. Der AG ist dann berechtigt, die Abnahme zu verweigern, bis ordnungsgemäße Fertigstellung erfolgt ist.
Streit, ob ein „Mangel“ vorliegt: Ohne klare Planung ist ungewiss, was geschuldet war. Es kann zu Disputen kommen, ob etwas ein Mangel ist oder eine zusätzliche Leistung, die der AG separat beauftragen muss. Beispiel: Im Bauwerk fehlt ein Geländer an einer Stelle, die in keiner Zeichnung vorkam. Der AG sagt: „Das ist ein Mangel, Geländer erforderlich nach Bauordnung!“ Der GU sagt: „War nie im Plan oder Vertrag vorgesehen, das ist Zusatzarbeit.“ Vor Abnahme wird der AG das Fehlen als Mangel definieren und Abnahme verweigern. Die Fronten verhärten sich. In solchen Fällen droht eine Abnahmesperre bis zur Klärung (ggf. gerichtlich oder durch Gutachter). Das ist für beide Seiten ungünstig, da der Zustand der Hängepartie eintritt: Der GU erhält kein Geld und bleibt in der Gewährleistungshaftung, der AG kann das Objekt nicht nutzen wie gewünscht.
Abnahme unter Vorbehalt/Teilabnahmen: Manchmal wird in solchen Situationen auf eine Teilabnahme oder Abnahme unter Vorbehalten ausgewichen. Etwa: Alle bis dato erbrachten Leistungen werden abgenommen, aber bestimmte offene Punkte werden protokolliert als „noch auszuführen“ oder „Nachbesserung erforderlich“. Das kann zumindest die Schlussrechnung teilweise fällig machen. Jedoch kann eine Abnahme mit Vorbehalt die Beweislastumkehr für Mängel (zu Lasten des GU) verhindern, soweit der Vorbehalt greift. Außerdem birgt es Unklarheiten, bis wann und wie die vorbehaltenen Punkte zu erledigen sind. Bei nicht geklärter Planung kann sich der Vorbehalt ewig ziehen.
Fiktive Abnahme (§ 640 Abs. 2 BGB): Wenn der AG die Abnahme unberechtigt verweigert oder nicht innerhalb angemessener Frist vornimmt, gilt das Werk dennoch als abgenommen, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Allerdings muss der Unternehmer dem AG eine Frist setzen und auf die Folgen hinweisen. In Fällen fehlender Planung wird der AG aber meist begründet die Abnahme verweigern (weil wirklich Mängel vorliegen), sodass die Abnahmefiktion nicht eintritt. Der GU kann also nicht ohne weiteres auf § 640 Abs. 2 BGB vertrauen, um eine Abnahme zu erzielen, solange objektiv Leistungsteile fehlen oder erhebliche Mängel existieren.
Gefahrtragung und Versicherung: Bis zur Abnahme trägt der GU die sogenannte Leistungsgefahr – geht das Werk unter oder wird beschädigt, ist das sein Problem (§ 644 BGB). Bei einer verlängerten Bauzeit und Hinauszögern der Abnahme verlängert sich auch dieser Risikozeitraum. Beispielsweise, wenn wegen Planungsmängeln sich alles hinzieht und dann ein Unwetter Schäden verursacht, bleibt die Gefahr ggf. beim GU, weil noch keine Abnahme war. Auch Bauleistungsversicherungen könnten teurer werden oder länger laufen müssen.
Nutzung vor Abnahme: Mitunter will der AG das Objekt teilweise nutzen, obwohl noch nicht alles fertig oder abgenommen ist (z.B. einzugsweise Inbetriebnahme). Das führt zu komplexen Situationen: Eine vorzeitige Nutzung kann eine Teilabnahmefiktion auslösen oder Mischlagen hinsichtlich Gewährleistung. Bei Planungsmängeln, die teils erst im Betrieb auffallen, kann das die Beweisführung erschweren (wer hat was wann verursacht).
Letztlich wird die Abnahmeproblematik in solchen Projekten oft zum Druckmittel: Der AG hält die Abnahme (und Zahlung) zurück, um den GU zu zwingen, alle Unklarheiten und Mängel zu bereinigen. Der GU wiederum hat kein Interesse an einer Abnahme, solange viele Dinge unklar sind, weil mit der Abnahme die Beweislast umkehrt – danach müsste nämlich der AG beweisen, dass ein später entdeckter Mangel bereits bei Abnahme vorlag. Vor Abnahme liegt die Beweislast für mängelfreie Leistung beim GU. Theoretisch könnte ein GU daher versuchen, die Abnahme hinauszuzögern, bis er (in seinen Augen) fertig ist. In der Praxis aber will der GU meist zum Ende kommen und sein Geld. In verfahrenen Situationen landen viele Punkte in einem Abnahmeprotokoll mit wechselseitigen Vorwürfen, oder es wird eine gerichtliche Abnahme (gerichtliches Beweissicherungsverfahren, etc.) betrieben.
Zusammenfassend: Der fehlende Ausführungsplan kann dazu führen, dass kein sauberer Abnahmepunkt erreicht wird. Für den GU bedeutet das unsichere Hängepartie und ggf. fortgesetzte Haftung; für den AG bedeutet es ein unfertiges oder mit Vorbehalten behaftetes Werk, das womöglich nur eingeschränkt nutzbar ist. Beide Seiten verlieren die Vorteile einer klaren Projektbeendigung. Dieses Risiko zeigt sich häufig in langjährigen Bauprozessen, die sich um die Abnahme herum entspinnen – das genaue Gegenteil einer gewünschten raschen Projektfertigstellung.
Beweislast- und Dokumentationsprobleme
In Konfliktfällen – sei es wegen Mängeln, Nachträgen, Verzögerungen oder Vertragsstrafen – kommt der Beweissicherung und Dokumentation eine enorme Bedeutung zu. Fehlende oder lückenhafte Planung verschärft die Beweisprobleme, weil unklarer ist, was vereinbart war und wer was zu verantworten hat.
Wesentliche Punkte:
Ursachen von Mängeln nachweisen: Treten Baumängel auf, ist nach der Abnahme grundsätzlich der AG in der Beweispflicht, einen Mangel zu beweisen (also Abweichung vom geschuldeten Zustand). Vor Abnahme muss der GU beweisen, mangelfrei geleistet zu haben – was ohne klare Spezifikation schwerfallen kann. Wenn ein Baumangel festgestellt wird (z.B. Feuchtigkeitsschaden im Dach), stellt sich die Frage: Lag es an der Ausführung (handwerklicher Fehler) oder an einem Planungsfehler (Konstruktionsfehler, fehlendes Detail)? Ohne Dokumentation (etwa Protokolle, Fotos, Korrespondenz) ist diese Kausalität oft unklar. Gutachter werden hinzugezogen; diese müssen oft hypothetisch klären, ob ein Fehler „offensichtlich“ war oder nicht. So war in dem OLG-Frankfurt-Fall (Dachabdichtung) strittig, wer den Anschluss hätte planen müssen – hier half dem AG, dass es keinen Plan gab und der GU das Problem hätte erkennen müssen. Der GU konnte offenbar nicht dokumentieren, jemals nach einem Plan gefragt oder auf das Problem hingewiesen zu haben. Das Fehlen solcher Dokumente war ihm zum Verhängnis, da das Gericht daraus schloss, er habe stillschweigend alles in Eigenregie übernommen.
Nachträge und Vertragsumfang: Bei Vergütungsstreit muss oft bewiesen werden, was Vertragsinhalt war. Hat der GU keinen detaillierten Plan als Vertragsgrundlage, muss er evtl. durch Schriftverkehr belegen, dass bestimmte Leistungen nicht in seinem Preis waren. Ein Beispiel: Der GU verlangt zusätzliches Geld für ein Geländer, das nachträglich verlangt wurde. Der AG behauptet, das sei doch von Anfang an vereinbart (weil selbstverständlich). Gibt es keine schriftliche Planung, die das Geländer ausweist oder nicht ausweist, wird es zur Auslegungssache. Hier zahlt sich eine präzise Dokumentation aus: Ein schriftlicher Hinweis des GU „Geländer XY fehlt in der Planung, bieten wir als Zusatz an“ vor Vertragsschluss würde seinen Standpunkt stützen. Fehlt so etwas, steht Aussage gegen Aussage bzw. Auslegung pro AG (wenn funktional geschuldet).
Behinderungsanzeigen und Fristsetzungen: Für Zeit- und Vertragsstrafenfragen ist die Dokumentation von Bauablaufstörungen entscheidend. Der GU muss bei fehlenden Plänen sofort schriftlich anzeigen: „Plan fehlt, Bau steht, Behinderung seit…“. Unterlässt er das, kann er später schwer beweisen, dass eine Verzögerung nicht in seinem Verantwortungsbereich lag. Der AG wird argumentieren, der GU habe gar nicht rechtzeitig moniert, also sei jede Verzögerung selbst verschuldet. Deutsche Gerichte betonen die Pflicht des Unternehmers, Behinderungen anzuzeigen (nach VOB/B zwingend, aber auch ohne VOB/B als Obliegenheit). Eine unterlassene Behinderungsanzeige kann nach Rechtsprechung den Anspruch auf Bauzeitverlängerung und Mehrkosten vereiteln, weil der AG sich darauf beruft, er habe nichts gewusst und daher keine Gegenmaßnahmen ergreifen können. Also: Ohne Dokumentation seiner Hindernisse könnte der GU im Regen stehen und z.B. Vertragsstrafe zahlen müssen.
Bedenkenhinweis schriftlich festhalten: Wie bereits ausgeführt (IV.2), ist der schriftliche Bedenkenhinweis für die Beweisführung essenziell. Kommt es zum Prozess, fragt der Richter: „Haben Sie den Bauherrn auf die fehlende Planung hingewiesen?“ Kann der GU dann einen Brief oder E-Mail vorlegen, in dem er die Problematik klar benennt, verbessert das seine Position enorm. Fehlt ein solcher Nachweis, wird es schwierig. Die Gerichte verlangen zwar nicht zwingend, dass der Hinweis schriftlich erfolgte (ein mündlicher kann ausreichen), aber die Beweislast für den mündlichen Hinweis trägt der GU. Er muss also Zeugen (z.B. Bauleiter) benennen, die bestätigen, dass er gewarnt hat. Das ist unsicher. Schriftliche Dokumentation ist demgegenüber ein sicherer Nachweis.
Protokolle und Bautagebuch: Ein geordnetes Bautagebuch und regelmäßige Baubesprechungsprotokolle helfen im Streit ungemein. Dort kann festgehalten werden: „Plan XY fehlt, AG liefert bis Datum…“ oder „GU weist auf Problem A hin, Architekt wird Lösung nachreichen“. Solche Einträge sind Gold wert vor Gericht, denn sie zeigen klar, wer was wusste und zugesagt hat. Wenn jedoch Planlosigkeit herrscht, werden oft auch solche Dokumentationsprozesse vernachlässigt – fatal für die Nachwelt. In Großprojekten (Hamburg hat hier Erfahrung) wurden nachträglich Archive durchforstet, um festzustellen, wer wann welche Warnungen ausgesprochen hat. Etwa im Fall Elbphilharmonie gibt es Berichte, dass Warnungen durchaus in Berichten standen, aber die Entscheider sie ignorierten. Solche Fälle zeigen: Die Dokumente existierten, nur hat man sie nicht ernst genommen. Aus rechtlicher Sicht waren sie aber entscheidend dafür, Vergleichsverhandlungen zu beeinflussen.
Beweislastumkehr nach Abnahme: Erwähnenswert: Nach Abnahme dreht sich die Beweislast für Mängel dahingehend, dass der AG beweisen muss, dass ein Mangel vorliegt (bzw. bereits bei Abnahme vorlag, falls strittig). Wenn jedoch Planungsmängel subtil sind, könnten sie erst spät zutage treten (z.B. übermäßige Heizkosten wegen schlechter Planung der Dämmung). Der GU könnte argumentieren, das sei kein Mangel, sondern Stand der Planung vom AG gewesen. Hier hat der AG die Last, zu beweisen, dass die Leistung nicht vertragsgerecht ist. Das wird er kaum können, wenn es keine klare Anforderung dazu gab. Dies schreckt den AG ggf. davor zurück, Ansprüche geltend zu machen, und er bleibt auf einem suboptimalen Ergebnis sitzen.
Dokumentationsprobleme beim GU vs. AG: Der GU, als derjenige, der die Ausführung schuldet, muss proaktiv dokumentieren, um sich abzusichern: Behinderungen melden, Bedenken anmelden, Nachtragsangebote schriftlich einreichen, Protokolle gegenzeichnen etc. Der AG sollte ebenfalls dokumentieren, z.B. durch klare schriftliche Leistungsbeschreibungen, Planfreigaben, und durch Erfassung von Versäumnissen des GU (um im Zweifel Verzüge oder Mängel belegen zu können). In der Praxis schleift die Dokumentation oft, wenn Projekte hastig gestartet werden. Das rächt sich später in Prozessen, wo oft Aussage-gegen-Aussage oder Indizienentscheidungen getroffen werden.
Beweislast und gerichtliche Verfahren: Wenn es zum Prozess kommt, muss meist ein Sachverständiger technische Fragen klären: War die Planung lückenhaft? Hätte der Unternehmer das erkennen müssen? War die ausgeführte Lösung mangelhaft gemessen am Stand der Technik? Solche Gutachten sind komplex und langwierig. Im OLG-Frankfurt-2022-Fall war es sicherlich relevant, ob der Anschluss an Wasserfangkästen ein allgemein zu erwartendes Detail war – der GU als „Abdichtungsexperte“ hätte warnen müssen. Diese Feststellung stützt sich auf Sachverständigenwissen. Der GU hatte offenbar nichts dokumentiert, was seine Entlastung belegt; dagegen konnte man ihm anlasten, dass er keinerlei Hinweis gab, obwohl ihm die Gefahr bewusst sein musste.
Zusammengefasst: Fehlende Ausführungsplanung erzeugt Beweisschwierigkeiten, weil kein eindeutiger Plan-Ist-Zustand dokumentiert ist. Wer im Recht sein will, muss umso mehr andere Dokumente vorweisen können, um seine Ansprüche oder Verteidigung zu stützen. Das Risiko, einen Prozess mangels Nachweisen zu verlieren, steigt für beide Seiten. Oft läuft es am Ende auf Vergleiche hinaus – was zwar Streit beendet, aber auch bedeutet, dass keiner sein volles Recht erhält.
Vergütung und Zahlungsansprüche
Über die bereits diskutierten Nachträge hinaus gibt es weitere Vergütungsrisiken, wenn ohne adäquate Planung gebaut wird.
Einige davon wurden implizit erwähnt, aber es lohnt, sie gesondert darzustellen:
Schlussrechnungsstreit und Zahlungsverzug: Bei unklaren Leistungen ist die Schlussrechnung oft umstritten. Der GU stellt Rechnung über die vereinbarte Vergütung plus Nachträge. Der AG kürzt Positionen mit der Begründung, diese seien mangelhaft oder nicht geschuldet gewesen. Ohne klare Planung fehlen objektive Maßstäbe, ob z.B. eine bestimmte Menge Bauleistung vereinbart war. Das kann dazu führen, dass der AG Zahlungen zurückhält. Der GU gerät dann finanziell in Bedrängnis, insbesondere wenn er Nachunternehmer und Lieferanten bezahlen muss. Das Liquiditätsrisiko steigt also erheblich. GU-Insolvenzen bei Großprojekten sind mitunter auf eskalierende Streitigkeiten um Zahlungen zurückzuführen, die aus Planungsänderungen resultieren.
Sicherheitseinbehalte und Bürgschaften: Bei Problemen genehmigt der AG womöglich dem GU nicht die Freigabe von Sicherheitseinbehalten (für Mängelansprüche) oder greift sogar auf Vertragserfüllungsbürgschaften zurück, wenn er der Meinung ist, der GU habe Vertragspflichten verletzt. So kann der AG beispielsweise drohen, aus einer Performance-Bond-Bürgschaft Geld zu ziehen, wegen behaupteter Vertragsverletzungen (z.B. Verzugs). Der GU muss dann dagegen vorgehen, was weitere Kosten verursacht.
Vergütung für Planungsleistungen: Hat der GU tatsächlich Planungsleistungen erbracht, die ursprünglich nicht vereinbart waren (z.B. er hat notgedrungen Detailpläne gezeichnet), stellt sich die Frage, ob er dafür eine Vergütung beanspruchen kann. Ist vertraglich nichts vorgesehen, könnte man an besondere Vergütungstatbestände denken. Nach VOB/B gäbe es an sich keine separate Vergütung für „Mitdenken“ – Planungsleistungen des GU wären nur vergütungsfähig, wenn sie als geänderte Leistung oder Sondervorschlag etc. deklariert werden. In der Praxis werden GU-Planungsleistungen oft als Teil der Bausumme betrachtet; extra Honorar analog HOAI gibt es nicht (auch weil GU selten eine Architektenleistung formal erbringen dürfen ohne entsprechende Berufsqualifikation, außer sie haben Architekten an Bord). So bleibt der GU auf seinem Planungsaufwand sitzen, falls er dazu gedrängt war, Planlücken zu füllen. Umgekehrt spart der AG zwar Architektenhonorar, wenn er es den GU „mitmachen“ lässt, muss aber damit rechnen, dass die Qualität leidet und es teurer über Nachträge wird – unterm Strich keine Einsparung.
Entschädigungsansprüche des GU (§ 642 BGB): Wenn der AG durch fehlende Planung den GU aufgehalten hat, kann der GU gem. § 642 BGB eine angemessene Entschädigung für die Vorhaltekosten verlangen. Diese Norm greift, wenn der Besteller eine ihm obliegende Handlung (hier: Planlieferung) unterlässt und dadurch der GU in Verzug kommt. Allerdings ist der Umfang der Entschädigung oft streitig (man diskutiert entgangener Gewinn, Stillstandskosten etc.). Zudem setzt § 642 voraus, dass der GU nicht sowieso schon alles in seinem Einheitspreis kalkuliert hatte. In unserem Kontext könnte der GU z.B. verlangen: „Ihr habt 60 Tage keine Pläne geliefert, meine Geräte standen still, Personal war gebunden – dafür schuldet ihr mir Entschädigung.“ Der AG wird erwidern, der GU hätte ja abziehen können etc. Die Anspruchsdurchsetzung ist also unsicher.
Vergütungskürzungen wegen Mängeln: Der AG darf bei Vorliegen von Mängeln die Zahlung angemessen kürzen (§ 641 Abs. 3 BGB, früher Einrede des nicht erfüllten Vertrags). Wenn wegen Planungsmängeln Ausführungsfehler passieren, wird der AG meist einen Teil der Vergütung zurückhalten (Mängeleinbehalt), oft weit mehr als der tatsächliche Mangelbeseitigungsaufwand, aus „Druckzuschlag“. Das führt wiederum zu Liquiditätsproblemen beim GU und verstärkt die Konflikte.
Claim-Management-Kosten: Sowohl GU als auch AG tragen im Streitfall hohe Transaktionskosten (Anwälte, Gutachter, interne Ressourcen für Nachtragsmanagement). Diese indirekten Kosten sind ebenfalls ein Risiko, das bei reibungsloser Planlage geringer wäre. Nicht selten verschlingt der Streit einen erheblichen Teil der ursprünglich eingesparten Planungsaufwendungen.
Sonderfall Verbraucherbauvertrag/Verbraucherschutz: Bei einem Verbraucher als Besteller (z.B. private Bauherren) gibt es seit 2018 spezielle Schutzregeln. Ein GU, der für einen Verbraucher baut, muss eine detaillierte Baubeschreibung vorlegen (§ 650j BGB) und rechtzeitig vor Beginn bestimmte Pläne erstellen und herausgeben (§ 650n BGB) – zumindest jene, die der Verbraucher für behördliche Nachweise braucht. Diese Pflicht soll verhindern, dass der Verbraucher „im Blindflug“ baut. Wird dagegen verstoßen, könnte der Verbraucher Rechte geltend machen (z.B. Abzüge, weil Unterlagen fehlen). In Hamburgs Einfamilienhaus-Sektor kommt es vor, dass GU schlüsselfertig anbieten und auf Ausführungspläne „verzichten“. Der Verbraucher merkt oft erst später die Nachteile. Hier greift der Gesetzgeber korrigierend ein, allerdings muss der Verbraucher seine Rechte kennen.
Zusammengefasst: Vergütungs- und Zahlungsrisiken ohne Planung sind hoch und vielfältig. Der GU könnte wirtschaftlich bluten, wenn er unentgeltlich mehr leisten muss als kalkuliert und dazu noch Zahlungsverzögerungen erduldet. Der AG wiederum riskiert, dass sein Projekt erheblich teurer wird als erwartet, sei es durch gerichtliche Nachträge oder durch Vergleiche, in denen er dem GU entgegenkommen muss. Planungslücken schlagen direkt aufs Konto beider Seiten.
Vertragsstrafen bei Terminüberschreitung
Die Vertragsstrafe (oft als Konventionalstrafe vereinbart) ist ein Druckmittel, um die rechtzeitige Fertigstellung sicherzustellen. Üblich sind Klauseln, wonach der GU pro Tag/Woche des Verzugs einen bestimmten Betrag oder Prozentsatz der Auftragssumme zahlen muss, begrenzt z.B. auf 5% der Gesamtvergütung. Beim Baubeginn ohne fertige Planung droht – wie ausgeführt – ein Verzugsfall durch Verzögerungen. Damit kommt die Vertragsstrafe ins Spiel.
Risiken für den GU:
Verwirkung der Vertragsstrafe: Wenn der GU den vertraglichen Fertigstellungstermin überschreitet und die Verzögerung von ihm zu vertreten ist, wird die Vertragsstrafe fällig (sofern eine wirksame Klausel und Ankündigung vorliegt). Bei komplexen Bauabläufen mit Planungsmängeln ist oft strittig, wer das zu vertreten hat. Der AG wird typischerweise zunächst die Strafe einbehalten, sobald der Termin überzogen ist, und den GU auf den Nachweis verweisen, dass er unschuldig ist. Hat der GU keine Behinderungsanzeigen und Fristverlängerungsanträge gestellt, steht er schlecht da. Selbst wenn die Hauptursache eine fehlende Planung war, könnte der GU formal in Verzug geraten, weil er die Frist nicht eingehalten und keine Verlängerung vereinbart hat. Das Risiko: Der GU muss eine erhebliche Summe zahlen, was seinen Gewinn auffrisst oder Verluste verursacht.
Schwierige Entlastung: Um sich von der Vertragsstrafe zu entlasten, müsste der GU beweisen, dass der Verzug ausschließlich aus Umständen aus der Sphäre des AG resultiert (Planlieferverzug etc.) oder höhere Gewalt o.ä. war. Im Zweifel liegt oft eine Mitverursachung beider Seiten vor (Plan fehlte, GU hat aber auch nicht optimal reagiert). Eine Vertragsstrafe ist jedoch „alles-oder-nichts“ – sie wird in voller Höhe verwirkt, sofern Verzug ein Verschulden des GU war, auch wenn andere Faktoren mitspielten. Allerdings könnte ein Gericht bei Mitverschulden des AG die Strafe der Höhe nach herabsetzen (§ 343 BGB), wenn sie unverhältnismäßig erscheint. Das ist aber unsicher. Für den GU ist es besser, es gar nicht so weit kommen zu lassen.
Konflikt mit Nachunternehmern: Wenn der GU in Verzug gerät, versucht er, Ansprüche an Subunternehmer weiterzugeben. Aber diese hatten oft gar keine Kenntnis der Planprobleme; zudem haften sie dem GU gegenüber nur nach deren Verträgen, in denen eventuell Pönalen ebenfalls vereinbart sind. Das kann intern zu regresswütigen Auseinandersetzungen führen, während extern der AG Druck macht – eine hochbrisante Situation.
Risiken für den AG:
Durchsetzung der Vertragsstrafe: Der AG muss formal korrekt vorgehen (Strafe vorbehalten bei Abnahme oder im Abnahmeprotokoll, § 341 BGB/VOB/B). Versäumt er das, verfällt die Strafe. Zudem muss er sich auf Diskussionen einstellen, ob die Strafe verwirkt ist. Wenn Planungsmängel aus seiner Sphäre kamen, kann moralisch die Forderung der Strafe fragwürdig sein. Trotzdem wird ein cleverer AG das als Verhandlungsmasse nutzen: Er droht die Strafe an, um z.B. den GU zu Vergleichszahlungen zu bewegen oder Nachträge günstiger zu regeln. Allerdings: Wenn offen zu Tage tritt, dass der AG z.B. selbst mit der Planung 4 Monate Verzug hatte, wird er die Strafe gerichtlich kaum durchbekommen – sein eigenes Mitverschulden kann ihn hier bremsen. In dem Spiegel-Bericht zur Elbphilharmonie-Klage etwa wollte Hamburg feststellen lassen, dass das GU-Konsortium keinen Anspruch auf Bauzeitverlängerung habe, also eigentlich Vertragsstrafe zahlen müsste für Verzug. Das war ein zentraler Streitpunkt, der erst durch Vergleich bereinigt wurde.
Verzögerungsschaden vs. Vertragsstrafe: Eine Vertragsstrafe schließt typischerweise weitergehenden Schadensersatz des AG aus (außer für übersteigenden Schaden, wenn vorbehalten). Der AG muss also überlegen: War es angesichts der Planungsprobleme vielleicht besser, sich ein Mitverschulden einzugestehen und auf Vertragsstrafe zu verzichten, um stattdessen schneller fertig zu werden? Oft wird die Strafe dann erlassen, wenn der GU freiwillig beschleunigt oder bestimmte Mängel ohne Streit beseitigt. Der AG nutzt die Strafe also strategisch.
Im Endeffekt ist eine Vertragsstrafe ein grobes Werkzeug, das in Fällen fehlender Planung oft stumpf wird, weil der Sachverhalt komplex ist. Sie kann aber Druck ausüben und finanziell relevant werden. Aus Sicht beider Seiten entsteht ein erhebliches Prozessrisiko: Der GU könnte auf Befreiung klagen, der AG auf Zahlung – beide mit unsicherem Ausgang je nach Beweislage.
Exkurs Hamburg:
Gerade öffentliche Auftraggeber wie Hamburg sichern sich meist mit Vertragsstrafen ab. In der politischen Betrachtung wird die Vertragsstrafe gern als Beruhigung angeführt („Wenn der Bauunternehmer spät liefert, zahlen wir weniger“). Die Realität der Großprojekte zeigt aber, dass diese Strafen selten in voller Höhe vereinnahmt werden, sondern oft Teil späterer Vergleiche sind, in denen die Strafe reduziert oder aufgehoben wird gegen andere Zugeständnisse. Letztlich ist allen gedient, wenn Termine eingehalten werden – was nur mit guter Planung realistisch ist.
Fazit Vertragsstrafe:
Für den GU ist sie ein Damoklesschwert, das ihn bei Planungsmängeln besonders bedroht, weil Zeitpläne kaum haltbar sind. Für den AG ist sie ein Verhandlungspfand, das aber möglicherweise ausfällt, wenn er Mitschuld an Verzögerungen trägt. Sie verstärkt die Konfrontation und kann die Kooperationsbereitschaft mindern, da bei drohender Strafe jeder versucht, die Schuld auf den anderen zu schieben.
Ausführungspläne in aktueller Rechtsprechung
Sowohl die geschilderten Pflichten als auch die Risiken spiegeln sich in der aktuellen Rechtsprechung wider. In den letzten Jahren haben mehrere Gerichte Grundsatzentscheidungen zu Planungsverantwortung und Haftung bei fehlender oder mangelhafter Ausführungsplanung gefällt. Diese sollen hier – unter Nennung der wesentlichen Aussagen – dargestellt werden, um die zuvor theoretisch beschriebenen Rechtsfolgen empirisch zu untermauern. Ebenfalls wird auf wichtige Literaturstimmen eingegangen, die diese Rechtsprechung begleiten.
Neuere Urteile: OLG Frankfurt 2022, OLG München 2018 u.a.
OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 11.04.2022 – 29 U 155/21: Dieses viel beachtete Urteil betrifft exakt den Fall eines Baubeginns ohne Ausführungsplanung. Der Unternehmer hatte Dachabdichtungsarbeiten ausgeführt, ohne dass der AG ihm eine Detailplanung geliefert hatte. Es kam zu einem Wasserschaden (Fehlstelle in der Abdichtung, Anschluss nicht geplant). Das OLG Frankfurt entschied: Hat der Bauunternehmer die Leistung übernommen, ohne vom AG eine Planung zu erhalten, ist dem AG kein Mitverschulden anzurechnen, wenn deswegen ein Baumangel auftritt. Der AN schulde eine funktionierende Abdichtung. Indem er ohne Planung losgelegt habe, habe er stillschweigend die Planungsverantwortung mit übernommen. Diese Situation sei nicht vergleichbar mit Fällen, in denen der AG eine fehlerhafte Planung zur Verfügung stellt – hier gab es schlicht gar keine Planung vom AG. Daher hafte der AN alleine für den Mangel, ein Mitverschulden des AG liege nicht vor. Bemerkenswert ist, dass das Gericht ausdrücklich auf das „gesetzliche Leitbild“ des BGB-Werkvertrags abstellt: Danach plane grundsätzlich der Unternehmer selbst. Die Tatsache, dass bei Bauverträgen oft anders verfahren wird (Planung durch AG), ändere nichts daran, dass im Zweifel eben der Unternehmer als Sachkundiger die Planung übernehmen muss. Dieses Urteil sendet ein deutliches Signal: „Vorsicht bei der Übernahme von Leistungen, für die der Bauherr keine Planung vorlegt!“ warnt kommentierend RA Seitz. Wer ohne fremde Planung baut, schuldet selbst eine mängelfreie Planung – so das Fazit. Praktisch bedeutet dies: Ein GU kann sich nicht darauf herausreden, der AG habe ja die Planung liefern müssen, wenn er dennoch baut ohne darauf zu bestehen. Der Schutzmechanismus des Mitverschuldens des AG greift nicht, da der GU seine Prüf- und Hinweisobliegenheit verletzt hat.
OLG München, Urteil vom 24.10.2018 – 20 U 966/18 Bau: In diesem Fall (auch oben erwähnt) ging es um die Haftung des Bauherrn bei Verzicht auf Ausführungspläne. Das OLG München entschied, dass der Bauherr (AG) haftet, wenn er überhaupt keine Ausführungspläne liefert. Üblicherweise seien auftretende Baumängel auf Fehler in der Ausführungsplanung zurückzuführen; die dafür verantwortliche Person haftet. Wenn jedoch der Bauherr auf eine Architekten-Ausführungsplanung verzichtet hat, “fällt das Haftungssubjekt schlicht weg“. Das heißt, es gibt keinen Planer, den man verantwortlich machen kann. Die Konsequenz: Der Bauherr bleibt im Grunde selbst verantwortlich für die Planungslücke. Das Urteil unterstreicht: Aus Haftungssicht ist dringend abzuraten, auf die Ausführungsplanung zu verzichten oder sie auf ausführende Firmen abzuwälzen. Es schützt also den GU insofern, als nicht automatisch alles auf ihn abgewälzt wird; der AG bekommt hier eine deutliche Mitschuld zugeschrieben, wenn er die Planungspflicht vernachlässigt. Inwiefern diese Haftung praktisch durchschlägt (der Bauherr haftet meist nur sich selbst oder kann Architekt nicht regressieren, was de facto sein Problem bleibt), zeigt: Letztlich hat der AG sich selbst geschadet und steht ohne Regressmöglichkeit da.
OLG Brandenburg, Urteil vom 11.09.2013 – 4 U 100/12: Dieses Urteil behandelt die Frage der Mitverantwortung des Bauunternehmers bei Verzicht des AG auf eine Architektenplanung. Das OLG Brandenburg formulierte: Verzichtet der Besteller auf eine Ausführungsplanung durch einen Architekten, kann das grundsätzlich eine Haftung wegen Mitverschuldens des Bauunternehmers auslösen. Warum Mitverschulden des Bauunternehmers? Weil, so das Gericht weiter, wenn das Bauunternehmen weiß, dass es ohne Ausführungsplanung bauen soll, kann es sich nicht der Haftung für Mängel entziehen, soweit diese im Rahmen der eigenen Prüfungspflicht nach § 4 Nr. 3 VOB/B erkennbar waren. Kurz: Dem Unternehmer wird in so einem Fall “eine Mitschuld“ zugerechnet, weil er sich auf das riskante Spiel eingelassen hat. Das deckt sich mit der Linie des OLG Frankfurt 2022: Der Unternehmer bleibt haftbar für erkennbare Planungsmängel. OLG Brandenburg hat damit schon 2013 betont, dass dem GU eine Teilschuld zukommt, wenn er ohne Planung loslegt – in Form eines Mitverschuldens zu seinen Lasten (was strenggenommen bedeutet, der GU haftet und kann nicht voll auf den AG zeigen).
OLG Celle, Urteil vom 23.12.1999 – 22 U 15/99: Dieses ältere Urteil (aber oft zitiert) stellt klar: Übernimmt das Bauunternehmen selbst die Ausführungsplanung, so haftet es auch für etwaige Fehler darin. Das wird hier noch einmal bestätigt. Ein GU, der Planungsleistungen erbringt, wird so behandelt wie ein Planer. Damit kann er beispielsweise auch für Vermögensschäden infolge Fehlplanung haften, was ein Problem mit Versicherungen bringen kann (dazu gleich). Das OLG Celle-Fall zeigt, dass diese Prinzipien nicht neu sind – bereits in den 90ern stand fest: Wer als Unternehmer Planungsaufgaben übernimmt, haftet für die Planergebnisse wie ein Architekt.
OLG Nürnberg, Urteil vom 23.11.2021 – 6 U 4362/19: Schon erwähnt, aber hier noch einmal in Kürze: Es ging um Mängelbeseitigung an einer mangelhaften Glasfassade, deren Kondensatproblem offenbar auf Planungsmängel zurückzuführen war (schräge Glasfassade, erhöhte Kondensatbildung). Der GU hatte nach Vertrag einen Teil der Planung nicht zu verantworten (wohl vom AG gestellt). Das OLG Nürnberg entschied, dass die Mängelbeseitigungspflicht des GU nicht fällig ist, solange der AG seiner Mitwirkungshandlung (Erstellung einer vollständigen mangelfreien Ausführungsplanung) nicht nachgekommen ist. Der Anspruch auf Nachbesserung wurde als derzeit unbegründet abgewiesen, weil erst die Planungsgrundlage vom AG geliefert werden muss. Dieser Fall betraf zwar die Mangelbeseitigung, illustriert aber das Prinzip: Ist die Ausführungsplanung vertraglich dem AG zugeordnet und liegt sie nicht vor oder ist mangelhaft, kann der GU nicht sinnvoll leisten – folglich wird auch kein Anspruch gegen ihn durchsetzbar, bis der AG seine Bringschuld erfüllt hat. Für GU und AG heißt das: Ohne Plan keine Nacherfüllung – was wiederum Druck auf den AG ausübt, endlich zu planen, und dem GU eine Verschnaufpause gibt.
Diese Urteile zusammengenommen zeichnen folgendes Bild:
Gerichte verlangen vom Bauunternehmer/GU hohe Eigenverantwortung, wenn er ohne Planung baut (OLG Ffm 2022, OLG Brand 2013). Die Ausrede „AG hat nicht geplant“ zieht kaum, weil der GU entweder hätte warnen oder verweigern müssen. Gleichzeitig wird dem AG deutlich seine Verantwortung für Planungslücken vor Augen geführt (OLG München 2018, OLG Nürnberg 2021): Er kann nicht nonchalant abwarten – liefert er keinen Plan, wird er entweder Mängelschäden selbst tragen müssen oder kann keine Ansprüche gegen den GU durchsetzen. Im Endeffekt fördern die Urteile einen kooperativen Ansatz: Beide Seiten sollen erkennen, dass Planung nötig ist, und falls sie fehlt, gemeinsam eine Lösung suchen, statt nachher zu streiten. Leider zeigt sich in den Fällen, dass es meist erst hinterher vor Gericht aufgearbeitet wurde.
Kernaussagen der Rechtsprechung zur Planungsverantwortung
Stillschweigende Übernahme der Planungspflicht durch den Unternehmer: Nimmt ein Unternehmer/GU die Bauausführung auf, ohne dass der AG eine Ausführungsplanung gestellt hat, gilt dies als konkludente Übernahme der Planungsverantwortung durch den Unternehmer. Er handelt auf eigene Gefahr und kann den AG nicht (mit-)haftbar machen für daraus resultierende Mängel. Praxisanwendung: GU sollte nie ohne klärende Absprache/Disclaimer anfangen.
Kein Mitverschulden des AG bei völliger Plan-Abstinenz: Wenn der AG schlicht gar keine Planung liefert und der GU trotzdem baut, trifft den AG nach OLG Ffm kein Mitverschulden am Mangel. Das mag kontraintuitiv klingen, aber es stützt sich auf die Sicht, dass der GU ja niemand gezwungen hat zu bauen – er hätte auf Plan bestehen müssen. (OLG München sah den AG in so einem Fall aber sehr wohl in der Haftung, dort stand aber die Konstellation im Fokus, dass dann niemand außer AG haftbar bleibt; es geht hier also um unterschiedliche Konstellationen: einmal Anspruch des AG gegen GU – da kein Mitverschulden AG; einmal Anspruch des AG gegen Architekt – da kann keiner haften mangels Architekt, ergo AG selbst betroffen).
AG haftet für eigene Planungsversäumnisse und Architektenfehler: Wenn der AG einen Planer hat und dieser liefert Mist oder zu spät, muss der AG sich das anrechnen lassen. Der AG kann nicht seine Planungspflicht auf den GU abwälzen, indem er einfach passiv bleibt. Tut er es doch, drohen ihm selbst Schadensnachteile (Mitverschulden, Schadensteilung wie OLG Ffm 2010 mit 50:50).
Prüf- und Hinweispflicht bleibt Schlüsselrolle: Durchgehend betonen die Gerichte § 4 Abs. 3 VOB/B bzw. die analoge Pflicht: Der GU muss warnen, wenn etwas nicht stimmt. Tut er es nicht, verliert er seine Entlastung. Das ist klar herauszulesen. Auch literarisch wird das als unabdingbare Nebenpflicht betrachtet. Ein Versäumnis hier führt fast automatisch zu Unternehmerhaftung.
Planungsfehler als Mangelursache – komplexe Schadenszurechnung: Die Gerichte differenzieren fein, wer was verschuldet hat. Im OLG Ffm 2010 hat man hälftig geteilt, in OLG Ffm 2022 volle GU-Haftung, in OLG München 2018 eher volle AG-Haftung (in dem Sinne, dass AG keinen haftbaren anderen hat). Das zeigt: es kommt auf die Umstände an. Gibt der AG dem GU einen Plan vor (auch lückenhaft), hat GU zumindest eine Teilverantwortung (Warnpflicht). Gibt AG nichts vor, verschiebt sich die Achse: OLG Ffm 2022 streng pro AG, OLG München 2018 streng pro GU. Dies mag im Ergebnis widersprüchlich wirken, aber wahrscheinlich lag es an der konkreten Prozesskonstellation, worum gestritten wurde (Schadensersatz vs. Mängelbeseitigung etc.).
Ausführungsplanung = zentrale Mitwirkungshandlung: OLG Nürnberg 2021 hat klargestellt, dass die Erstellung einer vollständigen Ausführungsplanung eine unverzichtbare Mitwirkungshandlung des AG sein kann. Ohne sie kann der Unternehmer nicht nachbessern; ergo wird ein Anspruch auf Mängelbeseitigung gehemmt. Diese Aussage könnte man verallgemeinern: Eine ausführungsreife Planung ist essentiell für eine ordnungsgemäße Vertragserfüllung – fehlt sie, stehen beide Seiten eigentlich in einem Schwebezustand.
Versicherungsaspekt: Ein praktischer Punkt aus OLG Celle 1999, aufgegriffen in Literatur: Ein Architekt hat eine Berufshaftpflicht, die Planungsfehler (auch reine Vermögensschäden) abdeckt. Ein Bauunternehmer hat in der Regel eine Betriebshaftpflicht, die auf Sach- und Personenschäden zielt, aber keine reinen Vermögensschäden aus Fehlplanung. Ein Planungsfehler, der zu einem Mangel am Bauwerk führt (reiner Vermögensschaden in Form von Mängelbeseitigungskosten) ist bei Architekten versichert, bei Bauunternehmern meistens nicht. Daher ist es riskant für den GU, Planungsleistungen zu übernehmen – im Schadensfall zahlt seine Versicherung womöglich nicht, er muss aus dem Firmenvermögen haften. Die Rechtsprechung berücksichtigt das nicht direkt, aber es ist ein ökonomischer Faktor. Literatur rät Bauunternehmern daher dringend, dieses Risiko zu bedenken.
Die rechtliche Tendenz geht eindeutig dahin, dass saubere Vertragsabsprachen über Planung erwartet werden. Gerichte scheuen sich nicht, bei Unklarheiten zu Lasten desjenigen zu entscheiden, der seine Obliegenheiten versäumt hat (GU keine Warnung => GU haftet; AG keine Pläne => AG bleibt auf Schaden sitzen, etc.). Das soll präventiv wirken: Beide sollen von Anfang an für klare Verhältnisse sorgen.
Literatur- und Kommentarmeinungen
Die juristische Fachliteratur zum privaten Baurecht hat sich ausführlich mit Planungsrisiken beschäftigt.
In Kommentaren und Aufsätzen werden die oben genannten Entscheidungen in der Regel bestätigt und weiter untermauert:
Herrschende Lehre zur Planungsverteilung: Es wird allgemein vertreten, dass die Verantwortung für eine fehlerfreie Planung dem AG zufällt, sofern dieser einen Planer beauftragt hat – dessen Fehler muss der AG sich als Mitverschulden anrechnen lassen. Gleichzeitig trifft den Unternehmer die Prüf- und Hinweispflicht: Er ist nicht “blindes Werkzeug”, sondern muss die Plausibilität der Vorgaben checken. Werner/Pastor (Standardkommentar Der Bauprozess) formuliert sinngemäß: Der Bauunternehmer schuldet die vertragsgerechte Ausführung, aber nicht die Überprüfung aller planerischen Details – außer es bestehen erkennbare Bedenken. Sobald solche Bedenken bestehen, muss er warnen, sonst haftet er mit.
Mitverschulden und Anspruchskürzung: Literatur (z.B. Ingenstau/Korbion, Kommentar VOB/B) betont, dass ein Mitverschulden des AG in Betracht kommt, wenn dieser gegen eigene Interessen verstoßen hat, z.B. keine ausreichende Planung lieferte, obwohl offensichtlich notwendig. Allerdings wird auch klargestellt, dass Mitverschulden nur greift, wenn eine Pflichtverletzung des Bestellers vorliegt, die für den Schaden ursächlich war. Im Baurecht ist das oft der Fall bei Planungsfehlern durch Architekten (AG-Seite). Aber wenn der AG einfach untätig war und der Unternehmer das hinnimmt, verschiebt sich die Sicht – wie OLG Ffm 2022 zeigt (dort quasi kein Mitverschulden AG wegen komplettem Unternehmerverschulden).
Dissertationsthema: Interessant ist, dass eine Dissertation explizit die Frage stellt „Kann es ein Mitverschulden des Bauherrn an Planungsfehlern geben?“. Das impliziert, dass diese Frage durchaus Diskussionsstoff bietet. Die Vermutung lautet: Ja, es kann – Bauherr muss sich Architektenverschulden zurechnen lassen. Aber beim Fehlen von Planung (also Planungslücke statt Planungsfehler) ist es eben weniger ein “Fehler” eines konkreten Erfüllungsgehilfen, sondern eine generelle Obliegenheitsverletzung des AG. Da hat die Rechtsprechung unterschiedlich geantwortet (OLG München: AG haftet, OLG Ffm: AG kein Mitverschulden – je nach Sichtweise).
Empfehlungen der Praxisliteratur: Baujuristische Ratgeber (z.B. Aufsätze von Anwälten in Fachzeitschriften oder online) schlagen Alarm: So schreibt Baker Tilly (Parviz) im Titel „Ausführungsplanung durch Architekten vermeidet Haftungsrisiken von Bauherren und Bauunternehmen“ – genau das Fazit unserer Untersuchung. Dort wird Bauherren dringend abgeraten, auf Ausführungsplanung zu verzichten, und auch davor gewarnt, diese einseitig den ausführenden Firmen zu überlassen. Der Tenor: Beide Seiten sind besser beraten, wenn eine professionelle Planung vorliegt. Der Beitrag führt Beispiele aus DIN-Normen an, die klar regeln, dass der AG Ausführungspläne zu liefern hat und der AN darauf basierend seine Montagepläne erstellt. Es wird auch auf die Versicherungsthematik hingewiesen (Architekten vs. Unternehmer-Haftpflicht). Diese praxisorientierte Literatur deckt sich mit den hier herausgearbeiteten Punkten und untermauert sie.
Kommentarmeinung zu § 650 BGB: Im Langen/Dauner-Lieb Kommentar zum neuen Bauvertragsrecht wird z.B. erwähnt, dass es nun explizite Regelungen wie § 650n BGB gibt, die die Erstellung und Herausgabe von Unterlagen regeln. Kommentatoren begrüßen dies als Stärkung des Bestellers, solche Unterlagen (Pläne, Berechnungen etc.) rechtzeitig zu bekommen. Allerdings gilt § 650n nur für Verbraucherbauverträge, was aber zeigt: Der Gesetzgeber hält das Bereitstellen von Planungsunterlagen vor Beginn der Ausführung für so wichtig, dass es normiert wurde. Das spiegelt sich in der Dogmatik: Eine Bauausführung ohne belastbare Pläne widerspricht dem Schutzzweck dieser Norm.
Kappung des Nachtrags bei Planungsmangel des Unternehmers (§ 650c Abs. 1 S. 2): Literatur (z.B. Leupertz/Preussner) erläutert den § 650c Abs. 1 S. 2 BGB dahingehend, dass ein Unternehmer keinen Nachtrag verlangen kann für eigene Planungslücken. Das Beispiel mit dem lückenhaften Leistungsverzeichnis stammt wohl direkt aus der amtlichen Begründung: Der Unternehmer, der selbst plant, muss vergessene Leistungen nachliefern. Diese Kommentarmeinung passt zur Risikoverteilung pro AG, falls GU Planungsleistung schuldet.
Praxis-Handbücher: In Handbüchern für Bauleiter (z.B. Kapellmann, “Praxishandbuch Bauvertragsrecht”) wird meist empfohlen, schriftliche Bedenkenhinweise zu geben, auf vollständige Pläne zu drängen und im Zweifel Arbeiten einzustellen, bis geklärt. Die Praxis weiß: Ohne Ausführungsplan zu bauen ist ein Husarenritt, der oft in Sachverständigenverfahren endet.
In der Summe unterstützen Literatur und Kommentare den in der Rechtsprechung sichtbaren Trend: Planungslücken sind gefährlich und führen zu komplexer Haftungsverteilung, die vermeidbar wäre. Die Empfehlungen sind einhellig, diese Risiken durch klar geregelte Verträge und vollständige Planung zu minimieren.
Hervorzuheben ist auch der wirtschaftliche Aspekt, den die Literatur anspricht: Was man glaubt an Planungszeit oder -honorar zu sparen, zahlt man oft mehrfach drauf durch Bauzeitverlängerung, Nachträge und Streit. Das ist ein Appell an Bauherren (AG) vor allem, aber auch an GU, sich nicht auf “Augen zu und durch” einzulassen.
